Mayr-Melnhof-Karton: Manager kassiert mehr als 150 Arbeiter

Die Kartonproduktion in Hirschwang wird eingestellt
Sozialplan für Werksschließung in Hirschwang liegt bei 4,5 Millionen Euro. Ein Vorstand bekam fast das Doppelte.

Für gewöhnlich werden honorige Spitzenmanager wie der Vorstandsvorsitzende der Mayr-Melnhof Karton AG, Peter Oswald, freundlicher empfangen. Roten Teppich oder Applaus gab es beim Besuch in der Papierfabrik im niederösterreichischen Hirschwang (Bezirk Neunkirchen) keinen. Viel mehr blies dem Vorstand Eiseskälte der Belegschaft entgegen.

Dass der internationale Konzern trotz Rekordergebnissen das Kartonwerk im Höllental schließt und in einer arbeitsmarktpolitischen Krisenregion 150 Mitarbeiter auf die Straße setzt, hat zu Protesten und heftigen politischen Reaktionen geführt. Besonders das Ringen um einen annehmbaren Sozialplan war – zumindest bis Mittwoch – eine einseitige Angelegenheit.

Mayr-Melnhof hat aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, die Kartonmaschine in Hirschwang stillzulegen und nur noch die Faltschachtelproduktion (Neupack) mit 215 Mitarbeitern am Standort aufrechtzuerhalten. „Hohe anstehende Ausgaben für die 70 Jahre alte, wettbewerbsschwache Maschine waren nicht zu rechtfertigen. Die Marktanforderungen sind gestiegen und können nicht mehr von einer alten Anlage dieser Struktur bedient werden“, sagt Firmensprecher Stephan Sweerts-Sporck.

Die Belegschaft hatte zwar im September von der Entscheidung erfahren. Es dauerte allerdings sechs Wochen, bis sich mit dem Vorstandsvorsitzenden Peter Oswald erstmals ein Vertreter aus der Führungsetage im Werk blicken ließ und den verbitterten Arbeitern Rede und Antwort stand.

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Bei der Betriebsversammlung am Dienstag in Hirschwang machten die Mitarbeiter ihrem Ärger Luft

Botschaft

Ein Transparent war bei der Infoveranstaltung nicht zu übersehen. Nämlich jenes mit der kryptischen Aufschrift „CEO – 8,6 Millionen Euro“. Den Insidern war klar, was damit gemeint war. Der Anfang des Jahres ausgeschiedene Vorstandsvorsitzende Wilhelm Hörmanseder erhielt neben seinem Jahressalär von 5,2 Millionen Euro (2019) einen Bonus von 8,6 Millionen Euro. Der Sozialplan für die 150 Menschen, die in Hirschwang ihren Job verlieren, sieht in etwa die Hälfte dieser Abfindung vor. Ein Vorschlag von 4,5 Millionen Euro lag bis zum Start neuerlicher Verhandlungen Mittwochnachmittag auf dem Tisch. „Das ist so nicht zu akzeptieren. Es ist traurig, wie man abgeschasselt wird. Wir werden uns dagegen wehren“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Reiter.

Laut Johannes Steiner von der Produktionsgewerkschaft (Pro-Ge) hat Mayr-Melnhof einen völlig „inakzeptablen“ Vorschlag auf den Tisch gelegt und sich seither nicht mehr bewegt. Die Konzernführung will die laufenden Verhandlungen nicht kommentieren. Die Betroffenen sind außer sich: „Alle Mitarbeiter, die jünger als 25 Jahre sind, sollen beim Sozialplan durch den Rost fallen. Ebenso wie die, die zwei oder drei Jahre vor der Pensionierung stehen. Das ist keine Verhandlungsbasis, sondern ein Diktat“, so die Kritik.

Für den heutigen Donnerstag ist deshalb eine groß angelegte Aktion der Gewerkschaft gegen die „fatalen Managemententscheidungen“ angekündigt. Vor der Wiener Zentrale der Mayr-Melnhof-Gruppe werden 150 Beschäftigte des Kartonwerks in Hirschwang zu einer öffentlichen Betriebsversammlung zusammen kommen. Politische Vertreter werden ebenfalls erwartet.

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Reiter vermisst einen fairen Umgang mit den Menschen. „Zahlreiche Schicksale hängen daran“, so der Betriebsrat. Als eine Brandstiftung im Februar das Papierlager vernichtete, seien die Mitarbeiter Tag und Nacht im Werk gestanden, um die Produktion so rasch wie möglich weiterlaufen zu lassen. „Sie haben sich für die Firma aufgeopfert. Das alles zählt jetzt nichts“, ärgert sich Reiter.

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Bei dem Großbrand in Hirschwang wurde ein Großteil des Lagers zerstört

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