Aufgeteilt auf zwei hermetisch getrennte Stabstellen hätten die Contact Tracer und alle Beteiligten der Behörde die Telefondrähte glühen lassen. Wie viele Telefonate er da während eines Tages führe, weiß Stockner nicht. „Das geht in die Hunderte“, meint er. Fest stehe nur: „Die Kontaktlisten von Erkrankten müssen binnen 24 Stunden abgearbeitet werden“. Die individuelle Arbeit, die jeder Infizierte den Contact Tracern im Bezirksstab beschert, sei völlig unterschiedlich. „Das geht von zehn Kontakten bis zu 70, 80 Leuten, die man erst erreichen und dann einstufen muss, ob sie Hoch- oder Niedrigrisikopersonen sind“, so Stockner.
Der Ablauf der Telefonate mit Erkrankten, Verdachtsfällen oder Kontakten gleiche jedenfalls einer emotionalen Hochschaubahn. „90 Prozent sind kooperativ. Doch manche geraten regelrecht in Panik und haben extreme Angst, andere reagieren besonnen“, erzählt er aus dem täglichen Geschäft. Die Unwissenheit über die häufig wechselnden Vorschriften, aber auch über die Bedrohung durch die Krankheit selbst sei groß. „Man muss sich oft mehr Zeit nehmen und den Leuten erklären, dass man nicht automatisch stirbt, wenn man an Corona erkrankt“, schildert der Beamte. Abgeklärtheit sei da gefragt. „Vielleicht kann ich mich ganz gut in gewisse Situationen einfühlen. Meine Eltern wurden ebenfalls angesteckt. Beide haben es überstanden, meine Mutter war schwer krank“, erzählt der Contact Tracer freimütig.
Hineinversetzen kann sich Stockner auch in viele verunsicherte Menschen, die beim Bezirksstab tagtäglich Informationen fordern. „Unternehmer oder Gastronomen sehen plötzlich ihre Existenz bedroht, wenn sie durch einen Infektionsfall eine Sperre fürchten müssen“, erzählt er. So manche ruppige Aussage müsse man dann schon hinnehmen. Die Risikobeurteilung vieler Fälle, ob eine Absonderung notwendig ist, obliegt dem Amtsarzt. „Wurden Hände geschüttelt, geküsst oder umarmt, müssen wir selbst sofort die Quarantäne anordnen“, verweist Stockner auf eine der Pflichten der Contact Tracer.
Die Lage sei dramatisch gewesen, sagt Bezirkshauptmann Seper. „Wir hatten keine ausgesprochenen Cluster im Bezirk. Sondern in elf bis zwölf Gemeinden jeweils ein bis zwei Infizierte. Das hat gezeigt, das Virus ist breitgestreut da“. Auffällig im Vergleich zum Frühjahr sei, „dass die Menschen jetzt viel mobiler sind, da sind dann auch die Kontaktzahlen der Infizierten entsprechend höher“.
Thomas Stockner gehört seit März den Contact Tracern an. Seinen eigentlichen Arbeitsplatz in der Kinder- und Jugendhilfe der Bezirkshauptmannschaft betreut er, so gut es geht, mit Hilfe einer Kollegin mit. Bis er wieder zu 100 Prozent seinen Job ausfüllen kann, werde es aber noch lange dauern, schätzt er.
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