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Es ist die 12-Jährige, die ihrer Mutter jede Nacht vom Bett in den Rollstuhl und ins Badezimmer hilft. Der Volksschulbub, der seine jüngeren Geschwister in den Kindergarten bringt, weil der Vater es selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht tun kann. Das Mädchen, das im Unterricht einschläft, weil es daheim den Haushalt machen muss und sich dazwischen um ihre Mama sorgt, die unter Depressionen leidet.
Dabei handelt es sich um „Young Carers", also Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, welche selbstverantwortlich signifikante Pflegetätigkeiten übernehmen, die in der Regel nur von Erwachsenen durchgeführt oder mit Erwachsenen assoziiert werden. Um diese Kinder zu unterstützen, hat Gudrun Kalchhauser die Initiative „Young Carers“ über das Rote Kreuz ins Leben gerufen.
Man wolle auf das Phänomen aufmerksam machen und im Gesundheitswesen darauf sensibilisieren, sagt die Kremserin: „Es gibt in diesem Zusammenhang Menschen, die mit einer Situation überfordert sind, weil Krankheit nicht anfragt, wann es gerade passt, in das Leben eines Menschen zu treten. Krankheit ist da und Menschen müssen über Nacht damit umgehen lernen.“
Es sei wichtig, „Young Carers“ wahrzunehmen und zu sehen, dass es sie gibt, dass sie um uns herum sind. „Die Sensibilisierung der Bevölkerung für dieses Thema ist Voraussetzung für einen guten Umgang“, ist Kalchhauser überzeugt.
„Es sollte einem auffallen, wenn die Rettung einen Patienten nach Hause bringt und jedes Mal ein Teenager die Tür aufmacht und da sonst niemand ist. Da kann man schon mal einen Informations-Folder liegen lassen“, schildert Kalchhauser eine Möglichkeit, dass die Jugendlichen von der Unterstützung erfahren. Über die Initiative wird auch viel in Schulen zu der Thematik informiert. Ein Team von Freiwilligen arbeitet dabei zusammen.
Kalchhauser ist vor 34 Jahren zum Roten Kreuz gekommen. „Es war immer eine Faszination dafür da.“ Hauptberuflich ist sie als Krankenschwester im Krankenhaus Krems tätig. In Droß (Bezirk Krems-Land) aufgewachsen, arbeitete sie in jungen Jahren mehrere Jahre in Vorarlberg als Krankenschwester, weil sie „noch mehr sehen wollte“, wie sie heute erzählt. In Indien hatte sie einen Auslandsaufenthalt, um im Sterbehaus von Mutter Teresa zu arbeiten.
43.000 betroffen
Mit dem Thema "Young Carers" beschäftigt sich die Mutter von drei erwachsenen Kindern bereits seit über zehn Jahren. Sehr viele Menschen wissen nicht um die Existenz dieses Themas. Und das, obwohl laut Kalchhauser in Österreich 43.000 Kinder Angehörige pflegen. Oft verstehen die Menschen, denen sie von pflegenden Kindern erzählt, dass es sich um Kinder handle, die man pflegen müsse: „Die können sich das gar nicht vorstellen, dass es das auch umgekehrt gibt.“
Kalchhauser ist eine der „Menschen, die Heldenhaftes tun" unserer KURIER-Serie. Mit dem Begriff kann sie für sich aber nicht viel anfangen: „Dann ist das ganze Rote Kreuz voller Helden. Ich mache nichts Außergewöhnliches. Das Rote Kreuz greift dort ein, wo Hilfe gebraucht wird. Mehr mache ich nicht. Die wahren Helden sind die „Young Carers". Sozusagen arbeite ich mit wahren Helden. So kann man es sagen.“
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