Kaum Klimaschutz: Rechnungshof-Kritik an Wr. Neustadt sorgt für Wirbel

Kaum Klimaschutz: Rechnungshof-Kritik an Wr. Neustadt sorgt für Wirbel
Rathaus reagiert empört über "unsaubere Vorgangsweise" der Rechnungsprüfer. Die Stadt habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht, so der Vorwurf.

Die Hochwasser-Katastrophe Mitte September hat Existenzen vernichtet und Schäden von geschätzten 1,3 Milliarden Euro verursacht. Österreich ist laut Wissenschaftern besonders stark von der Klimakrise betroffen.

Da sich intensive Hitzeperioden in Städten durch die dichte Verbauung besonders stark auswirken, hat der Rechnungshof (RH) die "Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel" in den Städten Wiener Neustadt und Wels geprüft. Mit einem ernüchternden Ergebnis: Weite Gebiete der überprüften Städte weisen demnach ein ausgeprägtes Risiko von Hitzeinseln auf, der Handlungsbedarf sei "erheblich".

Der Rechnungshof kommt in dem jüngsten Bericht zu dem Ergebnis, dass Wiener Neustadt stärker von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen ist als Wels - etwa im Hinblick auf Rekord-Hitzetage. Durch umfangreiche Begrünungsmaßnahmen und eine "angepasste Raumordnung und Bebauung" können diese Effekte abgemildert werden. Genannt wird dabei besonders die Entsiegelung von Flächen.

Kritik am Maximilium im Stadtpark

Kein gutes Haar lässt der Rechnungshof am riesigen Bauvorhaben "Maximilium am Stadtpark“ in Wiener Neustadt. Die geplante Bebauung mit bis zu 500 Wohnungen, Geschäften und dem Bildungscampus könne das bereits hohe Risiko von Hitzeinseln in der Innenstadt weiter erhöhen, heißt es in dem Bericht.

Auch zum Projekt Ostumfahrung merkt der Rechnungshof wenig überraschend an, dass es in einem "Spannungsfeld zu klima- und umweltpolitischen Zielen sowie zur Ernährungssicherheit steht, weil Boden versiegelt wird und landwirtschaftliche Flächen verloren gehen". Dieselben Argumente kommen seit Monaten von den Projektgegnern.

Nicht Zuständigkeit des Rechnungshofes

Wenig Freude hat der RH-Bericht über Klimawandelanpassungen im Wiener Neustädter Rathaus verursacht. Für Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) haben die Prüfer "weit über das Ziel hinaus geschossen". Er äußerte sich am Vorabend der offiziellen Veröffentlichung des Prüfberichts zu den Kritikpunkten

"Nicht nur, dass Teile des Berichts vorab an Medien zugespielt wurden, ohne dass wir davon Kenntnis erlangt haben und der Bericht unvollständig, verkürzt und populistisch ist, widerspricht sich der Rechnungshof zu allem Überfluss auch noch selbst. Er fordert nämlich - konträr zu seinen Prüfungen in den Jahren 2015 und 2018 - unfassbare Investitionen im Ausmaß von 100 Millionen Euro - und das obwohl die eigentliche Zuständigkeit des Rechnungshofes ja in der Gebarungskontrolle liegt“, so Schneeberger.

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So soll das Maximilium am Stadtpark aussehen

Dass das "Maximilium am Stadtpark" als Versiegelungsprojekt kritisiert wird, lässt man in der Stadt so nicht unkommentiert stehen. "Wir sind es, die seit mehr als zwei Jahren mit dem Investor eben genau um eine nachhaltige, klimagerechte Umsetzung verhandeln", so Schneeberger. Außerdem entstehe das Objekt auf einem bislang versiegelten Areal, "das sogar teilweise entsiegelt werden würde". Es gibt Planungen über umfassende Fassaden- und Dachbegrünung, was wiederum die Entstehung von Hitzeinseln verhindern würde, erklärt der Stadtchef.

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Der Flugplatz West in Wiener Neustadt besteht aus Rasen und ist nicht versiegelt

Was die Ostumfahrung anbelangt, führe die geplante Straße so gut wie gar nicht auf Grund der Stadt Wiener Neustadt. Projektbetreiber sei auch nicht die Stadt, sondern das Land NÖ. "Wir haben also gar keinen Einfluss auf die Umsetzung und sind für den Bau, weil er die Schadstoff-Emissionen im Stadtgebiet massiv reduzieren wollen", erklärt Schneeberger.

Laut dem Rathaus enstprechen die vom Rechnungshof angeführten Zahlen zur Versiegelung und zur Flächeninanspruchnahme "nicht der Realität". Die Stadt habe nämlich massive Rück- und Umwidmungen vorgenommen (rund 500 Hektar). Durch die Festlegung neuer Siedlungsgrenzen habe man eine weitere Verbauung am Stadtrand verhindert und außerdem Entsiegelungen.

"Wiener Neustadt ist zu 80 Prozent nicht versiegelt, das ergibt sich aus aktuellen Zahlen des Umweltbundesamtes", heißt es aus dem Rathaus.

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Bürgermeister Klaus Schneeberger ist über den RH-Bericht verärgert

Der Rechnungshof empfiehlt abschließend Wiener Neustadt und Wels, den mittel- beziehungsweise langfristigen Finanzierungsbedarf für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel abzuschätzen und "finanzielle Vorsorge" dafür zu treffen.

Baumschutzmaßnahmen

Wie es in Wiener Neustadt heißt, sei bereits sehr viel Geld für Klimaschutzmaßnahmen aufgewendet worden und auch weiterhin reserviert. Als positive Beispiele nennt die Stadt unter anderem die jährliche Pflanzung hunderter Bäume, das Erlassen einer Baumschutzverordnung, die Forcierung der Diversität auf öffentlichen Grünflächen, das Pflanzen von Bienenfutter, den Umbau des Stadtparks und vieles mehr.

"All das scheint dem Rechnungshof jedoch vollkommen egal zu sein. Das sind wir bislang von NGOs, der Partei der Grünen und den Klima-Aktivisten gewohnt, dass nun sogar eine österreichische Behörde derart verkürzt, unvollständig und populistisch agiert, erschüttert und macht mich extrem betroffen", sagt Schneeberger.

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