Firma will mit neuem Berufsmodell Fachkräfte anlocken
Für die Waldviertler Firma Hartl Haus läuft es gut – die Auftragsbücher sind gefüllt, die Fertigteilhäuser gehen weg, wie die warmen Semmeln. „Lockdowns und Quarantänezeiten haben den Wunsch nach einem Eigenheim gerade im Einfamilienhausbereich stärker wachsen lassen“, heißt es von einer Unternehmenssprecherin auf KURIER-Nachfrage.
Erst im Vorjahr hat das Unternehmen mit Zentrale in Echsenbach im Bezirk Zwettl eine neue Bautischlerei eröffnet, in die rund 6,5 Millionen Euro investiert wurden, ein weiterer Ausbau des Werksstandorts ist geplant.
Doch hier beginnt es schwierig zu werden: Man wolle auf „nachhaltiges und gesundes Wachstum“ setzen. Bei der „strukturierten und durchdachten Produktionserweiterung“ steht das Personalwachstum an erster Stelle.
Und hier macht sich auch für Hartl Haus der vielfachzitierte Fachkräftemangel bemerkbar. Schon in den vergangenen Jahren sei dieser im holzverarbeitenden Bereich – Tischler, Zimmerer, Fertighausbauer – stark spürbar gewesen. Immer schwieriger wird es laut dem Unternehmen, geeignetes Fachpersonal für den Bereich der Montage zu finden. Insgesamt beschäftigt Hart Haus 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Firmensitz in Echsenbach – 40 Stellen sind derzeit im Werksbereich zu besetzen.
Fachkräftemangel
Man spricht von einem Fachkräftemangel, wenn eine bedeutende Anzahl von Arbeitsplätzen nicht besetzt werden kann, weil keine entsprechend qualifizierten Fachkräfte zur Verfügung stehen
Offene Stellen
Bei einem Blick auf das WKO Fachkräfteradar zeigt sich für den Bezirk Zwettl etwa, dass es zwölf offene Zimmerer-Stellen gibt. Demgegenüber stehen zwei beschäftigungslose Zimmerer, bei den Bau- und Möbeltischlern sind es 14 offene Stellen und ein Beschäftigungsloser. (Stand: November 2021)
Umsatzeinbußen
Bei der Wirtschaftskammer Niederösterreich ist man sich des Problems bewusst: Im Rahmen des WKO Fachkräfteradars 2021 haben 40,5 Prozent der befragten Unternehmen aus Niederösterreich angegeben, sehr stark vom Fachkräftemangel betroffen zu sein, 29,6 Prozent sind eher stark betroffen.
Dadurch können nicht nur Stellen nicht besetzt werden – das muss von anderen Mitarbeitern kompensiert werden, etwa mit Überstunden. Die Arbeitsbelastung steigt, die Kosten für das Unternehmen ebenfalls – Umsatzeinbußen sind die Folge (30,3 Prozent der Unternehmen geben an, stark betroffen zu sein).
Laut Wirtschaftskammer NÖ sind im Bundesland neben Handwerksberufen, Gastgewerbe und Fremdenverkehr, Verkauf und Handel, Techniker und Technikerinnen (insbesondere auch im IT-Bereich), Anlagen- und Maschinenbediener und Montageberufe sowie Hilfsarbeitskräfte vom Fachkräftemangel betroffen.
Beruf und Familie
Die Unternehmen setzen nun schon selbst verschiedenste Maßnahmen, um an qualifiziertes Personal zu kommen.
„Mit verschiedenen Anreizen wie zum Beispiel Mitarbeiterrabatten, Vorteilen oder wie aktuell unserem neuen Jobmodell, wollen wir uns im ,Kampf um die Fachkräfte’ von der Masse abheben“, so die Sprecherin von Hartl Haus. Das angesprochene Jobmodell soll den Arbeitsalltag von Montage-Mitarbeitern erleichtern.
Die Mitarbeiter sind in einem vorher vereinbarten Intervall einige Wochen im Hausmontage- bzw. Tischlermontagebereich in Österreich, Deutschland, Südtirol und der Schweiz tätig. Dem folgt ein der Ausbildung entsprechender Einsatz in der Produktion im Werk in Echsenbach. „Meistens ist die Scheu vor einem Montagejob nicht der Tätigkeit selbst geschuldet, sondern der fehlenden Zeit mit der Familie zu Hause“, sagt Personalleiterin Sonja Früchtl. Mit dem neuen Modell sei das nun keine Entweder-oder-Frage mehr. Hartl Haus erhofft sich davon die Lösung des Facharbeitermangels im Montagebereich.
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