Dabei herrscht im Achauer Gemeinderat völlige Einigkeit bezüglich des Jugendzentrums. "Alle Beschlüsse wurden einstimmig gefasst", betonte Würstl im Prozess. Auf dem Areal der ehemaligen Kläranlage, die der Bürgermeister abreißen ließ, wurden vier Container aufgestellt - auf einem eigens dafür betonierten Fundament. Dass deshalb eine Baubewilligung einzuholen gewesen wäre, habe er nicht gewusst, beteuerte der Bürgermeister: "Ich war erst wenige Monate im Amt und habe mich mit den Baubestimmungen noch nicht so genau ausgekannt."
Anonyme Anzeige
Im Übrigen sei wenige Tage nach seiner Angelobung 2020 der erste Corona-Lockdown ausgerufen worden: "Es war chaotisch, wir wussten nicht, was auf uns zukommt." Entscheidungen seien dadurch zusätzlich erschwert worden. Auch seitens der Bezirkshauptmannschaft seien keine Beschwerden bezüglich des Jugendtreffs eingelangt. Daher habe er das Projekt "geistig schon abgehakt". Doch dann langte bei der Gemeindeaufsicht des Landes eine anonyme Anzeige gegen den Bürgermeister ein.
Dass diese jedoch nicht weiter verfolgt wurde, betonte Würstls Verteidiger explizit. Auch die Volksanwaltschaft, die von dem anonymen Anzeiger ebenfalls kontaktiert wurde, sah keinen Anlass, einzugreifen. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt schon. "Ihr wurde eine Liste mit zehn angeblichen Verfehlungen meines Mandanten zugeschickt. Neun davon wurden nicht weiterverfolgt, eine schon", resümierte der Verteidiger.
"Kein Vorsatz"
Warum dies geschehen sei, könne er sich allerdings nicht erklären. Denn: "Für das Verbrechen des Amtsmissbrauchs muss sich der Angeklagte wissentlich über ein Gesetz hinweggesetzt haben. Das ist hier aber nicht der Fall. Der Herr Bürgermeister hat nicht vorsätzlich gehandelt, er dachte, alle nötigen Genehmigungen würden vorliegen."
Ob ihm mittlerweile klar geworden sei, dass für die Aufstellung der Container eine Baubewilligung nötig gewesen wäre", wollte der vorsitzende Richter wissen. "Natürlich", sagte Würstl. Man arbeite aktuell an einer Widmungsänderung auf dem Grundstück, die das gesamte Bauvorhaben legalisieren würde: "Es gibt dazu auch schon eine positive Stellungnahme des Landes."
Der Schöffensenat sah trotz alledem die Schuld beim Bürgermeister. Dieser gab zum Schuldspruch noch keine Erklärung ab, hat nun drei Tage Zeit, um Rechtsmittel dagegen einzubringen.
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