Jüngster Primus der Mostbarone als Hüter der Natur
Die Greinöd liegt im Hügelland zwischen dem historischen Ostarrichi-Ort Neuhofen/Ybbs und der Mostviertler Höhenstraße von Sonntagberg nach St. Leonhard/Forst. Am dort einsam liegenden und von Obstbäumen umringten Hof, der 1550 erstmals urkundlich erwähnt wurde, wirtschaftet seit vier Generationen die Familie Reikersdorfer – und seit zwei Wochen der neue Primus der Mostbarone.
Mit Leopold Reikersdorfer junior ernannte die prestigeträchtige Erzeuger- und Vermarktungsrunde den bislang jüngsten Anführer ihrer Schar. Der 39-Jährige wird die Runde, die sich der Produktion qualitativer und innovativer Spezialitäten aus dem Mostviertel verschrieben hat, ein Jahr lang führen und repräsentieren.
„Nach zwei Jahren geht es wieder voll los. Es herrscht Aufbruchstimmung. Seit meiner Wahl bekomme ich laufend Einladungen zu Mostfesten und Veranstaltungen“, schildert der Obst- und Rinderbauer, der mit seiner Frau Michaela den elterlichen Hof samt dem bekannten Heurigen 2018 übernommen hat. Die Birnbaumblüte im April und die Feste um den „Tag des Mostes“ wollen die Menschen heuer nach zweijähriger pandemiebedingter Abstinenz wieder genießen, ist das Baron-Ehepaar überzeugt.
Gefeiert werden soll auch am 2. August am Greinöd-Hof. Da findet die traditionelle Mostwallfahrt statt und Leopold wird von LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, dem Patron der Mostbarone, feierlich als Primus angelobt.
Projekte
Gearbeitet wird in der erlauchten Runde aber ab sofort. Demnächst muss der neue Jahrgang der Gourmetmoste (Brous, Exibatur und Preh) in den typischen drei Geschmacksrichtungen cuvetiert werden. Sensible, erfahrene Gaumen sind gefragt, um die Moste aus den Kellern der Barone optimal zu kombinieren. Der neue Primus ist als Mostsommelier und Abgänger von Meisterkursen dafür gut gewappnet. Die Gourmetmoste sind die beliebten hochpreisigen Flaggschiffe unter den Baronsmosten.
Weil es in der Pandemiezeit keine Treffen der 16-köpfigen „Adelstruppe“ gab, gilt es nun, einige schon früher ins Auge gefasste Ziele aufzuarbeiten. „Als Erstes wollen wir unseren Mostbaron-Onlineshop auf den neuesten Stand bringen. Und neue, modernere Produktetiketten werden kommen“, kündigt Reikersdorfer an. Am Produktsektor wird an neuen alkoholfreien Getränken getüftelt.
Pioniere
Auch in der Greinöd wartet auf die Familie ein arbeitsintensives Frühjahr. Mit dem 1991 von den Eltern gegründeten Heurigen im ehemaligen Pressstöckl und der Konzentration auf Mostobstprodukte gehören Leopold senior und Maria Reikersdorfer, übrigens ebenfalls ein Baron-Paar, zu den Pionieren in der Renaissance der Mostkultur.
Der Blick in die Heurigen-Speisenkarte mit vielen hausgemachten Spezialitäten und dem Bauernbrot sowie das Angebot im Hofladen und im Onlineshop belegen Innovationsgeist und Fleiß. Most, Säfte, Essige und Fruchtbrände werden aus den Ernten der 150 Obstbäume produziert. „Etwa gleich viele Jungbäume habe ich in den vergangenen Jahren dazugepflanzt“, schildert der junge Primus.
Vogelhäuschen und Nützlingshotels in den Baumreihen machen klar, dass Spritzmittel hier nicht zum Zug kommen. „Ich betreue ja auch zehn Bienenstöcke, wir haben unseren eigenen Honig“, schildert der Primus.
Wohfühlessige
Produziert wird im Familienbetrieb freilich aber noch vieles mehr. Weithin bekannt sind die „Wohlfühlessige“. Feine Kräuteressenzen und gehaltvolle Geschmacksspender, wie grüner Tee, Chili und Shiitakepilze oder in anderen Kreationen Paprika, Ingwer oder Weißdorn, machen die sauren Essensbegleiter zu wohltuenden Produkten.
Dörrobst, auch aus dem über einen Hektar großen Zwetschkengarten, aber auch getrocknetes Gemüse, Birnenriegel und Schokolade mit Dörrobst werden vielfach von emsigen Frauenhänden erzeugt. „Produkte aus einer gesunden Natur heraus zu erzeugen, ist eine Freude“, versichert der junge Primus. In der nächsten Zeit ist er oft im Keller anzutreffen – der frische Most ist fertig und wird in Flaschen abgefüllt.
Zur Person
Leopold und Maria Reikersdorfer sind Eltern von drei Kindern. Reikersdorfer war langjähriger Kapitän des jetzigen Bundesliga-Vereins SKU Amstetten. Er produziert den Most „No.9.Legend“, den es im SKU-Business-Klub gibt. Leopold ist einer von 16 stimmberechtigten Mostbaronen. Die Schar der Mostbotschafter mit der weißen Hutfeder ist durch die Senior-Barone weit größer.
Das Primusamt hat er von Josef Zeiner aus Zeillern übernommen. Toperzeuger Toni Distelberger aus Amstetten ist sein Vize. Beide sind Urgesteine der Mostbaronsrunde.
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