Himmelsstürmer des Heeres kommen lautlos aus der Luft
Sie springen bei minus 40 Grad Celsius mit Sauerstoff aus 10.000 Metern Höhe oder meistern eine Luftlandung aus einem Flugzeug nur 200 Meter über dem Boden. Nachts gelingt es ihnen, sich nahezu lautlos und unsichtbar aus der Luft einem Ziel auf den Meter genau zu nähern, oder als Kampfschwimmer in die Tiefen eines Sees einzutauchen. Nicht umsonst werden die Militärfallschirmspringer des Bundesheeres als Speerspitze der Streitkräfte bezeichnet. Das ist vor allem der harten Ausbildung innerhalb der Spezialstreitkräfte beim Jagdkommando geschuldet.
Am Donnerstag feierte die Einheit in der Flugfeldkaserne von Wiener Neustadt ein besonderes Jubiläum. 60 Jahre, nachdem am 14. November 1961 der erste Militärfallschirmspringer in der 2. Republik auf dem Areal landete, hat sich das Heer etwas besonderes einfallen lassen. Zwei Hercules-Transportmaschinen Seite an Seite am Himmel sind selbst für eine Stadt mit Militärflugplatz kein alltägliches Bild. Wenn dann auch noch 120 Fallschirmspringer vom himmel schweben, sorgt das für entsprechendes Aufsehen.
Seelenleben
Vor den Augen von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, hohen Militärs und vielen Festgästen, wurde der runde Geburtstag der Militärfallschirmspringer mit einer Leistungsschau gefeiert. Der langjährige Kommandant, Oberstleutnant David Birsak, gewährte einen kurzen Einblick in das Seelenleben eines Fallschirmjägers. „Man steht in 8.000 Meter an der geöffneten Heckkante einer Hercules mit 40 Kilo Gepäck am Bauch. Dann springt man in die Finsternis, ins Nichts.“
Die Ministerin kann dieser Art von Nervenkitzel selbst wenig abgewinnen. „Ich persönlich kann das nicht nachvollziehen, aber sie sind nicht umsonst die Elite unserer Streitkräfte“, honorierte sie die Arbeit der Soldaten. Die Lehrgruppen-Einheit zeichnet sich für die gesamte Fallschirmspringerausbildung des Jagdkommando, der Luftlandetruppen, der Militärakademiker sowie der Unteroffiziere verantwortlich. Auch die Polizei-Sondereinheit Cobra wird von den Militärspringern ausgebildet. In 60 Jahren kamen so 420.000 Sprünge zusammen – leider nicht immer ohne Zwischenfall. Dass das Metier gefährlich ist, zeigen drei tödliche Unfälle im Rahmen der Ausbildung, so Tanner.
Das Einsatzspektrum der Truppe hat sich im Laufe der Jahre vor allem durch technische Weiterentwicklungen erweitert. Heute legen die Soldaten bei Sprüngen aus großer Höhe 35 Kilometer im Gleitflug zurück. Bei den Einsätzen werden Passagiere, Diensthunde oder auch schwere Zusatzausrüstung transportiert.
Im Zuge der Schau stellte Hauptlehroffizier Major René Geisendorfer den Gästen auch neue Systeme vor. Die Möglichkeit, Schwerlasten per Fallschirm aus einer C-130 Hercules abzuwerfen, erweitert das Einsatzspektrum der Streitkräfte, erklärt der Kommandant des Jagdkommando, Brigadier Philipp Ségur-Cabanac.
Das Bundesheer soll demnächst ein Lastenfallschirmsystem bekommen, um Material bis zu 1,5 Tonnen Gewicht an entlegenen Einsatzorten abwerfen zu können. Derzeit ist das nur bis rund 600 Kilo möglich. Das erleichtert vor allem die Versorgung mit Gütern im Fall von Naturkatastrophen – beispielsweise wenn Teile der Bevölkerung bei Lawinenunglücken von der Außenwelt abgeschnitten sind.
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