„Heilende Hände“ sollen sich an Lehrlingen vergriffen haben

Vier Angeklagte müssen sich vor Gericht verantworten
Prozess gegen Ausbilder, der schwere Vorwürfe sexuellen Missbrauchs bestreitet, körperliche Annäherung aber zugibt.

Sein Job als Lehrlingsausbilder im südlichen Niederösterreich war offensichtlich nur eine der Begabungen des 60-jährigen Angeklagten. Denn er besitzt auch „heilende Hände“, die durch Auflegen Rückenbeschwerden verschwinden lassen. Zumindest behauptet dies der Mann. Dass er sie deutlich zu oft eingesetzt habe – und nicht nur zur Linderung von Schmerzen – werfen ihm jedoch mehrere seiner weiblichen Lehrlinge vor.

18-Jährige missbraucht?

Berührungen am Gesäß, an der Brust und an intimeren Stellen seien regelmäßig vorgekommen, heißt es in der Anklage gegen den 60-Jährigen. Doch er soll noch weiter gegangen sein. Eine 18-Jährige berichtet, nach der gemeinsamen Arbeit auf einer Baustelle am Wochenende ins Haus des Ausbilders eingeladen und missbraucht worden zu sein. Einem 17-jährigen Mädchen soll der Mann in die Hose gegriffen und versucht haben, sie zu sexuellen Handlungen zu überreden.

Abgerundet wird das Bild durch mehr als 160 pornografische Bilder von Minderjährigen, die auf seinem Handy gefunden wurden.

Doch der 60-Jährige weist die Vorwürfe großteils zurück. Berührungen, Umarmungen und Küsse auf die Wange seien vorgekommen, räumt er ein, niemals aber sexuelle Übergriffe. Er habe lediglich angeboten, den Mädchen bei Rückenschmerzen die Hände aufzulegen. Dies sei von den Lehrlingen gerne freiwillig in Anspruch genommen worden.

„Halt meine Mentalität“

„Glauben Sie, dass ihr Verhalten angemessen war als Ausbilder?“, will der vorsitzende Richter wissen. „Nein, ich weiß, dass es mehr ist, aber das ist halt meine Mentalität“, sagt der 60-Jährige. Nachsatz: „Und ich weiß, wo meine Grenzen sind.“ 

Dies zu glauben, fällt aufgrund der Schilderungen der jungen Frauen schwer. Eine leide seither unter Essstörungen und Angstzuständen, eine weitere habe Schwierigkeiten, körperliche Nähe ihres Freundes zuzulassen, berichtet deren Anwältin.

Wie er sich die Vorwürfe erklären könne, fragt der Richter. „Ich weiß es nicht“, ist der Angeklagte ratlos. Er vermute eventuell einen Racheakt für die Meldung von Fehlverhalten des Mädchens an seine Vorgesetzten, sagt er. Tatsächlich existiert auch eine Nachricht eines Opfers an ihn am Tag nach einem angeblichen Vorfall, in der sie schreibt: „Danke noch einmal für alles“. 

"Passt nicht zusammen"

Der Verteidiger des 60-Jährigen sagt deshalb auch klar: "Das passt nicht zusammen mit den angeblich schweren Missbrauchsvorwürfen." Sein Mandant sei "ein sehr körperlicher Mensch", habe aber niemanden missbraucht.

Weil eine Zeugin nicht zum Prozess erscheint, wird dieser vertagt.

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