Geburtenstation in NÖ wird geschlossen: Die wichtigsten Antworten
Wegen des akuten Mangels an gynäkologischen Fachärzten wird in Waidhofen/Ybbs, wie berichtet, die Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe geschlossen. Mit der Sperre ab dem 24. März ergeben sich wichtige und interessante Fragen, die der KURIER zu beantworten versucht.
Die Vorstände der NÖ Landesgesundheitsagentur (LGA) bezeichnen die Schließung der Gynäkologie und Geburtenstation als unwiderruflich. Können die NÖ Landesregierung oder der Landtag den Entschluss noch stoppen?
Eigentlich nicht. „Als Betreiber des Klinikums kann die LGA die Stilllegung aus Eigenem beschließen und dann die entsprechenden Gremialbeschlüsse in die Wege leiten“, erklärt LGA-Vorstand Konrad Kogler. Die Schließung „aus operativen Gründen“ soll im März im LGA-Aufsichtsrat beschlossen werden. Das wird dann der NÖ Behörde (GS4) angezeigt, die das zur Kenntnis nimmt und einen entsprechenden Bescheid erlässt, schilderte LGA-Vorstand Alfred Zens.
Gebärende aus dem Ybbstal müssen künftig in die Landeskliniken Amstetten, Scheibbs und Melk oder nach Steyr (OÖ) zur Geburt anreisen. Ist der weitere Anreise im Akutfall ein Risiko?
Die Rettungsorganisationen seien informiert „sie sind darauf eingestellt“, sagt der ärztliche LGA-Direktor Markus Klamminger. Schon im Sommer 2022, als die Geburtenstation in Waidhofen kurzfristig wegen Personalmangel eineinhalb Monate gesperrt werden musste, habe das ohne Komplikationen funktioniert. In Amstetten kommen sehr viele Patienten aus dem Mühlviertel, die hätten ebenfalls eine Stunde Anfahrtszeit, berichtet der dortige Gynäkologie-Primar Andreas Pfligl. Vorkehrungen für Notgeburten in Waidhofen sind nicht vorgesehen.
Was führte konkret zum plötzlichen Schritt, die Abteilung zu schließen?
Klinikleitung und Betriebsrat waren aufgrund der personellen Situation in der Abteilung gezwungen eine Gefährdungs- und Überlastungsanzeige als Alarmsignal an die LGA zu übermitteln, so der ärztliche Leiter des Klinikums Waidhofen/Ybbs, Stefan Leidl. Die Sicherheitsvorgabe, dass bei jeder Geburt ein Arzt anwesend sein müsse, sei fast nicht mehr zu erfüllen, die Dienstplanerstellung kaum mehr zu schaffen. „Wir können derzeit gerade noch den Dienstplan besetzen. Aber es kann kein Krankenstand nachbesetzt werden und es kann keiner auf Urlaub gehen – also die 24/7-Situation ist sehr wackelig, das kann sehr gefährlich werden“, so Leidl. Ausschlaggebend war, dass mit Jahresende zwei Oberärzte durch Krankheit und Umzug weggefallen sind.
Wurden genügend Maßnahmen unternommen, um Ärzte in die Abteilung zu holen?
Nach Ansicht der LGA- und Klinikumverantwortlichen schon. Man stehe vor der Situation wie bei der Schließung 2022. Fünf externe internationale Recruitings habe es gegeben. Trotzdem sei das Personal nicht gefunden worden, so Primar Leidl. „Der Tisch mit Alternativen ist jetzt leer.“
Was passiert mit dem Personal?
Klar sei, dass man jeden Kollegen und Kollegin in Zukunft benötigen werde, es werde keinen Personalabbau geben, versichern die LGA-Vorstände. Das Personal solle auf die anderen Geburtenstationen aufgeteilt werden oder zur Unterstützung am Standort Waidhofen bleiben.
Wie notwendig ist die ärztliche Geburtshilfe grundsätzlich, es gibt ja die Hebammen?
Zirka bei einem Drittel der Geburten ist das Eingreifen eines Facharztes durch Kaiserschnitt oder Zangen- oder Vakuumgeburt notwendig, erklärt LGA-Direktor Klamminger. Jährlich kommen in NÖ 15.000 Babys zur Welt, in den vier Mostviertelkliniken mit Waidhofen waren es zuletzt 2.400.
Wie sieht die Versorgung der Mütter und Babys in der Region in Zukunft aus?
Der Krankenhausverbund Amstetten, Scheibbs und Melk wird zur neuen Anlaufstelle für die Patientinnen aus dem Ybbstal. 50 Fachärzte, 50 Hebammen und 80 Pflegekräfte stehen im Einsatz. Bei jährlich 2.400 Babys in der Region kommen rund 1.000 Neugeborene in Amstetten zur Welt. Die Ressourcen dort sind sehr speziell, es gibt einen Kreißsaal mit integrierten und eine Neonatologie. Schon bisher habe man Risikoschwangerschaften aus Waidhofen betreut, berichtet Primar Andreas Pfligl. Seine Abteilung ging bei Patientenbefragungen schon mehrfach als niederösterreichweit beste Gyn-Abteilung hervor.
Was passiert mit derzeit Schwangeren, die bereits ihren Geburtstermin in Waidhofen für die Zeit nach dem 24. März fixiert haben?
Jede Einzelne wird kontaktiert und mit ihr individuell die neue Geburtsklinik bestimmt, heißt es seitens der LGA. Dabei wird auch das Klinikum Steyr (OÖ) miteinbezogen.
Wie werden sich die Gebärenden aus der Region Ybbstal in Hinkunft aufteilen?
Ausgehend von den 350 Geburten in Waidhofen aus dem Vorjahr dürften rund 50 Prozent nach Amstetten tendieren, ein Viertel hat eine räumliche Nähe zu Scheibbs und ein weiteres Viertel könnte nach Steyr zur Geburt kommen. Bislang kamen 20 Prozent der Gebärenden in Waidhofen aus der Obersteiermark oder aus Oberösterreich.
Wird die Zahl der Stationsbetten, die in Waidhofen aufgelassen werden, in voller Zahl auf die anderen drei Mostviertel-Kliniken aufgeteilt?
Dazu gibt es in den LGA-Unterlagen vorerst noch keine konkreten Angaben.
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