Für Literatur-Shootingstar Edelbauer gab es keinen Plan B

Für Literatur-Shootingstar Edelbauer gab es keinen Plan B
Raphaela Edelbauer aus Hinterbrühl erobert die Literaturwelt mit ihrem Romandebüt „Das flüssige Land“.

Mit ihrem 350 Seiten starken Roman „Das flüssige Land“, der im letzten Herbst erschienen ist, hat es Raphaela Edelbauer (29) aus Hinterbrühl (Bezirk Mödling) auf die Shortlist des deutschen sowie des österreichischen Buchpreises geschafft. Mit dem KURIER spricht sie über den Drang zum Schreiben und ihr Nachfolgebuch.

KURIER: Derzeit sind Sie viel auf Lesereise mit Ihrem neuen Buch unterwegs. Wovon handelt es?

Stephanie Edelbauer: Es geht um eine geheimnisvolle Gemeinde – Groß-Einland – über deren Existenz nicht viel bekannt ist. Sie steht auf einem großen Loch, das einmal ein Bergwerk war. Der Ort sinkt darin immer weiter ein. In dem Loch sind im Nationalsozialismus Dinge vorgefallen über die kollektives Schweigen herrscht.

Ihre Heimatgemeinde Hinterbrühl ist das Vorbild für den fiktiven Ort Groß-Einland. Warum?

Wir haben in Hinterbrühl die Seegrotte, den größten unterirdischen See Europas, wo auch japanische und chinesische Touristen hinkommen, um sie zu besuchen. Auch dort hat im Nationalsozialismus eine Übernahme stattgefunden. Zu Spitzenzeiten haben 2.000 KZ-Häftlinge unter Tage Flugzeugteile zusammengeschraubt. Diese Verdrängung der Vergangenheit, die auch dort passiert ist, hat mich sehr fasziniert. Und ein Loch, das eine Gemeinde in seine dunkle Zeit zieht, ist eine sehr attraktive Metapher für eine Schriftstellerin.

Für Literatur-Shootingstar Edelbauer gab es keinen Plan B

Raphaele Edelbauer wollte schon immer Autorin werden. Derzeit schreibt sie an ihrem dritten Buch.

Während Sie Lesungen halten, schreiben Sie schon wieder am nächsten Buch. Was erwartet Ihre Leser diesmal?

Künstliche Intelligenz. Das Buch heißt „Dave“ und wird im Herbst 2021 erscheinen. Ich arbeite tatsächlich schon zehn Jahre daran. Ich habe es dreimal geschrieben. Das erste Mal 2008 – da habe ich aber gemerkt, dass meine Fähigkeiten dafür noch nicht ausreichen. Dann habe ich mein erstes Buch „Entdecker“ geschrieben. Dann habe ich wieder zwei Jahre lang „Dave“ als Ganzes geschrieben. Dann habe ich „Das flüssige Land“ geschrieben und jetzt wieder „Dave“. Nun muss es funktionieren, weil ich einen Buchvertrag habe.

Sie können herausragende Erfolge, wie den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb verbuchen. Spornt Sie das weiter an, oder setzt es Sie eher unter Druck?

Ich kann das was ich schreibe nicht beeinflussen. Wenn man so denkt, dass man nur etwas produzieren will, das sich gut verkauft, dann ist es eigentlich vorbei. Ich sage immer: Ein Text ist fünf Minuten bevor er ausgezeichnet wird genauso gut wie fünf Minuten nachdem er ausgezeichnet wird.

Natürlich möchte man den Verlag nicht enttäuschen und wenn ich gerade nicht am Schreiben bin, dann verspüre ich schon einen gewissen Druck, allerdings wäre es auch nicht gut, wenn sich das jetzige Buch nicht verkaufen würde, dann hätte ich noch mehr Druck. Aber ich schreibe nicht für den Erfolg.

Raphaela Edelbauer wurde 1990 in Wien geboren. Sie wuchs in Hinterbrühl im Bezirk Mödling auf. Nach der Matura studierte sie Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst. Seit 2009 veröffentlicht sie unter anderem in Literaturmagazinen. Sie schrieb und publizierte auch immer  wieder Auftragsarbeiten, unter anderem für die Stadt Mödling oder das Frauenministerium.  Außerdem war sie als Redakteurin für die niederösterreichischen Nachrichten in Mödling tätig. 2017 veröffentlichte die  Autorin  ihr Debüt „Entdecker“, eine von Simon Gortitschnig illustrierte Poetik, für die sie den Rauriser Literaturpreis bekam. 2018 las sie  als einzige österreichische Teilnehmerin beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, wo sie mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde.  2019 folgte „Das flüssige Land“, wofür sie für den deutschen sowie für den österreichischen Literaturpreis nominiert war.

Warum haben Sie mit dem Schreiben begonnen?

Das ist sehr schwer eine Antwort darauf zu geben – man muss etwas tun oder man muss es nicht tun. Man verspürt eine Notwendigkeit und damit mischt sich im besten Falle Talent. Eine realistische Vorstellung davon, was das ist und was das bedeutet kommt erst mit der Zeit. Ich hätte vieles nicht erwartet, das jetzt meines Weges gekommen ist und habe mir etwas anderes darunter vorgestellt, Autorin zu sein. Die Leidenschaft bleibt aber immer dieselbe. Das kann man nicht erklären, das ist etwas, dass man einfach tun muss.

Und wann war für Sie klar, dass Sie schreiben müssen?

Immer eben schon, deshalb kann ich es nicht formulieren. Ich denke, das hat sich schon manifestiert bevor ich überhaupt schreiben konnte. Da habe ich schon Sachen auf Tonband aufgenommen. Ich wollte also schon immer Autorin werden und habe darauf mein ganzes Leben hingesteuert. Es gab nie einen Plan B.

Für Literatur-Shootingstar Edelbauer gab es keinen Plan B

2018 erhielt sie den Publikumspreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb. 

Was reizt Sie heute daran?

Die Arbeit mit der Sprache und die Möglichkeit aus dem Nichts etwas zu erschaffen, die Leidenschaft unmittelbar dabei interessante Sätze hinzuschreiben. Aber dabei nicht nur über Einzelschicksale zu schreiben, die können natürlich auch bewegend sein, sondern mich interessiert das große Ganze.

Was lesen Sie selbst?

Ich lese immer extrem viel als Recherche für die Bücher, die ich gerade schreibe. Es sind sehr viele Sachbücher. Derzeit habe ich aber wenig Zeit, ich lese wahrscheinlich so ein bis zwei Bücher pro Monat. Ich unterrichte auch an der Uni und lese die Texte meiner Studierenden und Kollegen. Aber so wie als Teenager, dass ich permanent Bücher verschlinge, das geht nicht mehr.

Raphaela Edelbauer liest am 8. Februar um 19 Uhr mit musikalischer Begleitung von "A Piacere" in der Gartenbauschule Langenlois. Infos und Karten: www.lakult.at.

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