Österreichischer Buchpreis: Die fünf Finalisten

Österreichischer Buchpreis: Die fünf Finalisten
Der KURIER stellt die nominierten Bücher kurz vor, Bleistiftspitzer gegen Zwirn gewissermaßen. Der Preis wird zum vierten Mal verliehen.

Wer folgt auf Friederike Mayröcker (mit „fleurs“, 2016), Eva Menasse („Tiere für Fortgeschrittene“, 2017) und Daniel Wisser („König der Berge“, 2018)? Montagabend - 4. November - wird der Österreichische Buchpreis, dotiert mit 20.000 Euro, zum vierten Mal verliehen, und im Gegensatz zum Deutschen Buchpreis, der allen deutschsprachigen Autorinnen und Autoren offensteht, bleiben die Österreicher unter sich.

Fünf sind im Finale, zwei Frauen und drei Männer, und anders als in früheren Jahren, als es logische Favoriten gab, ist die KURIER-Wertung bei allen Nominierten in etwa gleich.

Gleich gut.

Alle Bücher möchte man lesen ...

Karl-Markus Gauß: „Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer“ Erzählt jemand von seinem Bleistiftspitzer, der nicht funktioniert, und von seinen fadenscheinigen Servietten, dann muss es sich um den Salzburger handeln, damit man nicht einschläft. Sondern mit ihm vom Zimmer aus in die Welt reist. Ist es ein eitles Unterfangen? Das Buch zeigt Selbstironie. Und: Bei Karl-Markus Gauß - Foto oben in seiner Wohnung - gefährdet das Lesen die Dummheit ganz besonders.

Raphaela Edelbauer: „Das flüssige Land“ War auch im Finale um den Deutschen Buchpreis. Die Wienerin holt Leichen aus dem Keller – die Vergangenheit kommt hoch. Das geschieht in dem Ort Groß-Einland, der für Österreich steht, wo die Erde nicht mehr verdauen kann, was man in ihr versteckt hat, z. B. Zwangsarbeiter, die einbetoniert wurden. Über dem Dorf thront, wie bei Kafka, das Schloss. Surreal, grotesk ... und nahe der Wahrheit.

Clemens J. Setz: „Der Trost runder Dinge“ Da geht ein Mann in Oslo spazieren. Das ist untypisch für den Grazer Schriftsteller. So alltäglich! Aber der Mann ist nicht allein, er hat ein Or. Richtig, ein Or. Da fliegt ein Mann nach Kanada. Beim Zoll zeigt er seinen Zwirn. WAS? Die Erzählungen beginnen normal, ehe etwas in ihnen abhebt. Müssen wir nicht viel verrückter sein? Clemens J. Setz geht mit gutem Beispiel voran.

Sophie Reyer: „Mutter brennt“ Es kann sein, das die alleinerziehende Mutter gar keine zwei Kinder hat, für die sie sorgt. Es kann sein, dass die Großmutter, die tot ist, mit dem Enkel spricht, der nicht existiert, weil er abgetrieben wurde. Die Wienerin Sophie Reyer hat schon eine Sprache für die Welt eines Autisten gefunden („Die Freiheit der Fische“) – jetzt für Verzweiflung und Wahnsinn. Die Sprache ist rot.

Norbert Gstrein: „Als ich jung war“ Vielleicht doch der Favorit: Auch beim Tiroler Gstrein besteht allerhöchste Skepsis. Niemand ist zu durchschauen. Ob der Franz nach Amerika ausgewandert ist, weil er einen Frauenmord begangen hat? Ob er drüben, in Wyoming, mit dem Verschwinden einer Freundin etwas zu tun hat? Immer misstrauisch bleiben! Es hält nicht jede(r) aus, sich etwas zusammenreimen zu müssen. Aber so hat man gleich zwei, sogar drei (Kriminal-)Romane.

 

Karl-Markus Gauß:
„Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer“
Essay.
Zsolnay Verlag. 224 Seiten. 22,70 Euro.

KURIER-Wertung: *****

Raphaela Edelbauer:  „Das flüssige Land“
Roman.
Verlag Klett-Cotta. 350 Seiten. 22,70 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern


Clemens J. Setz:
„Der Trost runder Dinge“
Erzählungen.
Suhrkamp Verlag. 320 Seiten. 24,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****


Sophie Reyer:
„Mutter brennt“
Roman.
Edition Keiper. 248 Seiten. 23 Euro.

KURIER-Wertung: ****


Norbert Gstrein:
„Als ich jung war“
Roman.
Hanser Verlag. 352 Seiten. 23,70 Euro.

KURIER-Wertung: *****

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