Foltervorwürfe: Fähnriche waren 24 Stunden gefangen

Soldaten bei der Übung vor der Kulisse des Wiener Neustädter Dom
Es waren Schüsse (Platzpatronen) zu hören, auf den Dächern neben dem Dom saßen schwer bewaffnete Scharfschützen. Eine groß angelegte Gefechtsübung der Theresianischen Militärakademie (MilAk) machte im Februar auch die Wiener Neustädter Innenstadt zu einem simulierten Kriegsschauplatz. Übungsannahme war ein Anschlag von Terroristen auf einen Hilfskonvoi des Bundesheeres.
Wie berichtet geht die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Foltervorwürfen im Zuge der Übung auf den Grund. Fähnriche der Militärakademie seien gefangen genommen und dabei „menschenunwürdig“ behandelt und „gequält“ worden. Ein Verfahren gegen den Lehrgangsleiter wurde eingeleitet, ermittelt wird neben Amtsmissbrauch, Nötigung und Folter auch wegen des Verdachts der Gefährdung der körperlichen Sicherheit.
Jahrgang "General Körner"
Wie der KURIER in Erfahrung bringen konnte, hatte die Ausbildung des Jahrgangs „General Körner“ zum Ziel, heikle Situationen zu trainieren, wie sie bei Auslandseinsätzen passieren können. Geübt wurden Grundkenntnisse der asymmetrischen Kriegsführung. Gemeint sind damit militärische Konflikte zwischen Gruppen, die sich waffentechnisch und organisatorisch stark unterscheiden, erklärt ein Offizier der Akademie. Zur Übung gehörte auch die Gefangennahme von Soldaten durch Terroristen. „Es geht darum den künftigen Offizieren das richtige Verhalten in so einer Ausnahmesituation näher zu bringen“, schildert ein Ausbilder.

Nach der Übung der Militärakademie kam es im Vorjahr zu der anonymen Anzeige
Die Fähnriche wurden bei den simulierten Kampfhandlungen verschleppt und 24 Stunden festgehalten. „Sicher nicht unter angenehmen Bedingungen, aber sie werden für den Ernstfall im Krieg ausgebildet“, sagt ein Verantwortlicher. Das heikle Szenario wurde beispielsweise von Führungskräften des MilAk-Kommandos und Vertretern des Jagdkommandos beobachtet. Auch ein Psychologe sowie ein Arzt waren laut Teilnehmern anwesend.
"Zu fordernde Methoden"
Dass die anonymen Vorwürfe erst neun Monate nach der besagten Übung erhoben werden, sorgt an der Militärakademie für Skepsis. Zumal durch die Evaluierung unmittelbar nach dem Lehrgang keine Übergriffe oder Beschwerden bekannt geworden sind, heißt es.
Im Jahr 2021 waren Ausbildungsmethoden des Jahrgangs „General Körner“ schon einmal Gegenstand einer internen Überprüfung. Fähnriche hatten sich wegen „zu fordernder Methoden“ über die Lehrgangsleitung beschwert. Etwas später, am 22. Juni 2021, führte die Parlamentarische Bundesheerkommission einen Prüfbesuch an der MilAk durch. Dabei wurde die Offiziersausbildung geprüft, allerdings ohne nennenswert negatives Ergebnis.
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