Flughafen-Region Schwechat: Neues Ringen um Nachtflugverbot
Nachtruhe ist in manchen Gemeinden rund um den Flughafen Wien-Schwechat relativ. 4.700 Starts- und Landungen pro Jahr dürfen zwischen 23.30 Uhr und 5.30 Uhr stattfinden, das sind rund 13 Flugbewegungen pro Nacht. Und die können laut sei. „Bei mir im Hof habe ich Einzelschallereignisse von 70 bis 75 Dezibel“, sagt Manfred Peter, Obmann der ARGE Fluglärm, die 18 Bürgerinitiativen und Siedlervereine vertritt.
Sein Glück: er ist von den Nachtflügen nicht so stark betroffen, anders als etwa die Bewohner von Klein-Neusiedl, Essling, Himberg, Zwölfaxing, Bruck/Leitha, Götzendorf, Arbesthal oder Groß-Enzersdorf. Schon Einzelschallereignisse von 60 Dezibel würden reichen, um in der Nacht mehrmals aufgeweckt zu werden, sagt Peter. „Es gibt gesicherte medizinische Erkenntnisse über die Schädlichkeit von Fluglärm“ betont der Obmann. Die ARGE Fluglärm fordern daher nun ein Nachtflugverbot.
Konstruktive Gespräche
Am Mittwoch haben im Dialogforum, in dem neben dem Flughafen auch 120 Gemeinden, viele Bürgerinitiativen, die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland sowie die Luftfahrtwirtschaft sitzen, erneut Verhandlungen dazu stattgefunden. Nächste Woche starten die ersten Arbeitsgruppen.
Konstruktiv seien die Gespräche gewesen, versichern alle Beteiligten. Das Thema ist komplex. Schon jetzt gelten Beschränkungen in der Nacht. Neben der Deckelung auf 4.700 Flüge zwischen 23.30 Uhr und 5.30 Uhr gilt eine Begrenzung auf 48 Flugbewegungen in der Stunde davor und 24 danach. Zudem ist in der Nacht nur eine der zwei Start- und Landebahnen aktiv. Das sorgt für unterschiedliche Belastungen. So wird Wien zwischen 21 Uhr und 7 Uhr früh weitgehend verschont, auch über Margareten am Moos wird nachts etwa nicht geflogen. Dort ist man aber unter Tags von den Landeanflügen von bis zu 60.000 Fliegern betroffen. Auch die Windrichtung spielt maßgebliche eine Rolle, wo es laut wird.
Die aktuellen Regelungen wurden bereits 2005 im Mediationsverfahren festgelegt – allerdings noch in Hinblick auf den Bau der 3. Piste. Doch dieser wurde nun auf unbestimmte Zeit verschoben. 2019, als die Belastung der Anrainer mit 280.000 Flugbewegungen ihren Höchststand erreichte, brachte die ARGE Fluglärm daher den Antrag ein, Verbesserungen im 2-Pisten-System zu erwirken. Corona hat die Verhandlungen jedoch verzögert.
Bis 2024 will Peter aber nun Lösungen haben. „Wir wollen Verbesserungen zu den bestehenden Regelungen“, sagt er. Nachtflugverbote seien auch an anderen internationalen Flughäfen möglich. Etwa in Zürich, Frankfurt, Warschau, München oder Budapest. „Ich kenne keinen Flughafen mit Nachtflugverbot, der in Konkurs gegangen ist“, sagt er.
Für viel Gesprächsstoff könnten noch notwendige Ausnahmen von einem etwaigen Nachtflugverbot sorgen, denn es besteht die Gefahr, dass zwar die Nächte ruhiger werden, an den Randzeiten am Abend und in der Früh dafür aber mehr Flugzeuge unterwegs sein werden. „Je länger die Nachtruhe, desto größer ist der Druck auf die Schulterstunden“, erklärt ARGE-Fluglärm-Obmann Peter.
Konsens
Die Verhandlungen werden jedenfalls intensiv, denn es gilt einen Kompromiss zwischen den Interessen aller Beteiligten, sowohl der Bürger als auch des Flughafens und der Luftfahrtindustrie, zu erzielen. „Es geht nur im Weg des Dialogs“, sagt Dialogforum-Geschäftsführerin Juliana Ghasemipour. „Grundlage für alle Gespräche ist der von allen beteiligten Parteien einvernehmlich und im Konsens beschlossene und gültige Mediationsvertrag, der bereits zahlreiche Regelungen und Einschränkungen vorsieht“, heißt es vom Flughafen. Ein Abgehen von diesen Vereinbarungen sei nur im Konsens mit allen Beteiligten möglich. Dennoch sind alle Mitwirkenden zuversichtlich. Er rechne mit einem „vernünftigen Ergebnis“ formuliert es Peter Malanik, Präsident des Dachverbands Luftfahrt.
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