OMV: Putsch in der Raffinerie Schwechat
Auch unter den Belegschaftsvertretern des teilstaatlichen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns fliegen die Hack’ln tief. Das erbitterte Hauen und Stechen gipfelte jetzt in der Raffinerie Schwechat in einem Putsch gegen den Chef des Arbeiterbetriebsrates, Roman Gössinger.
Dieser war völlig ahnungslos in eine Routinesitzung gegangen. Unter dem Punkt „Allfälliges“ kam plötzlich ein Antrag auf Abwahl.
Binnen weniger Minuten war Gössinger seine Funktion los. Eigentlich hätte dies auf der Tagesordnung ausgewiesen werden müssen, aber das scherte niemanden. „So eine radikale Aktion hat es in der OMV noch nie gegeben“, empören sich Mitarbeiter.
Zum neuen Chef-Vertreter der 800 Arbeiter in Schwechat wurde Andreas Artmäuer gewählt. Er ist als Funktionär zwar noch reichlich unerfahren, stammt aber aus sozialdemokratischem Gewerkschaftsadel. Vater Alfred Artmäuer hat eine lange ÖGB-Karriere hinter sich und ist Vize-Bundesvorsitzender der Produktionsgewerkschaft Pro-Ge. In der Gewerkschaft hat man jedoch wenig Freude mit der Aktion. Denn Gössinger ist ebenfalls gut verankert und war Verhandler für den KV in der Mineralölindustrie.
Vorwand für die überfallsartige Abwahl waren Unstimmigkeiten über eine geplante Klage gegen das Unternehmen wegen angeblich nicht ausbezahlter Überstunden. Tatsächlich geht es um Macht und Einfluss. Als Strippenzieher im Hintergrund wird Alexander Auer (GPA) vermutet, einflussreicher und ehrgeiziger Zentralbetriebsratsvorsitzender in Schwechat.
Machos in Schwechat
Die selbstbewusste Mannschaft in Schwechat, Großteils Männer, sieht sich als das Herzstück der OMV. Mit Chancengleichheit hat man wenig am Hut. Die Betriebsratskaiser müssen sich nach wie vor den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit gefallen lassen. Die jüngste Aktion richtete sich gegen Nicole Schachenhofer, Betriebsrätin im Bereich Exploration & Produktion in Gänserndorf. Die Diplom-Ingenieurin ist im Konzern-Aufsichtsrat der OMV, wurde kürzlich aber von ihren Kollegen aus dem wichtigen Nominierungsausschuss gekippt, der für Vorstandsangelegenheiten zuständig ist. Nachfolger ist, erraten, Alexander Auer. Ihm werden in der OMV auch Gelüste auf das Aufsichtsratsmandat von Schachenhofer in der Staatsholding ÖBAG nachgesagt. Dort hatte Ex-Raffinerie-Betriebsratschef und Seele-Freund Herbert Lindner lange die Frauenquote blockiert.
Nächster Tournaround in der Raffinerie
Im zweiten Quartal steht die Generalüberholung im petrochemischen Raffinerie-Bereich an. Diese Generalinspektion ist alle sechs Jahre gesetzlich Pflicht und wird wieder parallel zum Borealis-Werk stattfinden. 2022 passierte beim Turnaround im Kraftstoff-Teil jener folgenschwere Unfall, der die Raffinerie monatelang lahmlegte und 200 Millionen Euro Schaden verursachte. Beim Hochfahren nach der Generalüberholung wurde die Destillationsanlage schwer beschädigt. Das Versicherungsverfahren (Betriebsunterbrechung) ist noch nicht abgeschlossen.
Kommentare