Extremsportler Rainer Predl: Sein Ziel ist das Limit
Als am Morgen des 18. Juni mitten in der amerikanischen Mojave-Wüste der Startschuss fiel, wusste Extremsportler Rainer Predl nicht, was in den nächsten Stunden auf ihn zukommen wird. Ein Lauf über 100 Kilometer lag vor ihm, der quer durch eines der heißesten Gebiete der Erde führte. Nicht umsonst nennt sich der Wettbewerb „Running with the devil“, der Lauf mit dem Teufel.
Exakt neun Stunden und 56 Sekunden später war klar: Der Ultraläufer aus Lassee (Bezirk Gänserndorf) hatte alles richtig gemacht. Der 32-Jährige durchlief als Erster die Ziellinie, der Zweitplatzierte, ein Amerikaner, sollte erst 1,5 Stunden später folgen. Mit dem Lauf in der Mojave-Wüste hatte sich Predl einen Lebenstraum erfüllt; der fulminante Sieg war dabei nur noch eine Draufgabe.
Hitze als Gegner
Der Ultralaufsport hat Predl bereits rund um die Erdkugel geführt. Einer seiner größten Triumphe war der Sieg beim Sahara-Marathon 2014 – eine Erfahrung, die ihm auch in der Mojave-Wüste zugutekam.
„Nach unserer Ankunft in Las Vegas gab es einen ordentlichen Sturm, der die heiße Luft weggedrückt hat. Beim Lauf hatte es dann humane 34 Grad“, schildert Predl die Wettkampfsituation in Amerika. Die letzten Trainings vor Ort hatte er bei bis zu 45 Grad mitten in Las Vegas absolviert. „Are you crazy?“ hatten ihn seine amerikanischen Sportkollegen angesichts der beinharten Trainingseinheiten gefragt. Doch auch die Laufbedingungen in seiner Heimat waren die perfekte Vorbereitung für die Mojave-Wüste. „Die Bedingungen waren ähnlich wie im Marchfeld: die Topografie und auch der Untergrund waren vergleichbar. Das kam mir zugute.“
Und Predls Strategie für den Lauf ging voll auf: 30 Kilometer mit hoher Geschwindigkeit laufen, wenige Sekunden stoppen, um zu Essen und zu Trinken, dann wieder weiterlaufen. „Da muss man seinen Körper gut kennen“, weiß Predl. Auch wenn die Hitzeeinstrahlung am Äquator ihren Tribut forderte: „Obwohl ich schnell große Mengen getrunken hatte, war ich sofort wieder dehydriert. Das kannte ich aber bereits aus der Sahara.“
Mentale Stärke
Fitness und hartes Training ist für einen Erfolg im Ultrasport jedoch nicht genug; die richtige mentale Einstellung ist es, die Predl dorthin gebracht hat, wo er heute ist. „Hinzufallen ist keine Schande, es verliert lediglich, wer liegen bleibt!“ lautet sein Credo. Von Verletzungen ließ er sich nicht ausbremsen, immer wieder kämpfte er sich zurück und hat seine Liebe zum Sport nie verloren. Zahlreiche Meistertitel, Siege und Rekorde sprechen für sich.
Dabei war es ein prägendes Ereignis, dass den Lasseer überhaupt erst zum Extremsport brachte: Predl war Passagier in jenem Zug, der im Juni 2007 in Glinzendorf gegen einen Klein-Lkw krachte. Eine Schrankenanlage auf der Strecke war defekt gewesen, der Fall ging durch alle Medien.
Laufen als Trauma-Verarbeitung
Der damals 16-jährige Predl zögerte nicht und half den Opfern; dabei erlebte er das volle Ausmaß des Unglücks mit. Das Laufen half ihm dabei, die Geschehnisse zu verarbeiten. Und er beschloss, seine Leistungen in den Dienst der guten Sache zu stellen: Seinen ersten Ultralauf in Salzburg lief er für die bei dem Bahnunglück verstorbene Sophie und ihren Vater. Seither hat er immer wieder mit seinen sportlichen Projekten Spenden gesammelt.
Wobei: So hart der Ultrasport ist, so schwer ist es auch, ihn professionell zu betreiben. Der Extremsport ist in Amerika Zuhause, „Österreich ist da ein hartes Pflaster“, weiß Predl nur zu gut. Doch er hat eine Lösung gefunden: Sein Arbeitgeber ist gleichzeitig sein Sponsor, eine Win-win-Situation.
Nächstes Ziel: Nordpol
Der Spaß an der ultimativen Herausforderung ist es, der Predl auch auf kreative Ideen bringt. So lief er 30 Tage auf einem Laufband, absolvierte einen Marathon auf einem Windrad und rannte 70 Kilometer um einen Küchentisch – allesamt Weltrekorde, die auf sein Konto gehen.
Und sein nächstes Ziel hat er schon vor Augen: Predl hat die Möglichkeit, im April 2023 beim Nordpolmarathon zu starten. Für den passionierten Wüstenläufer sind die dicken Eisdecken ungewohnte Gefilde – ganz klar also, dass er sich diese Challenge nicht entgehen lassen will.
„Allerdings kostet die Teilnahme und auch die Reise dorthin viel Geld“, macht Predl bewusst. Rund 19.000 Euro braucht er für eine Teilnahme, die er alleine nicht aufbringen kann. Daher hat er sich entschieden, ein Crowdfunding-Projekt ins Leben zu rufen. Voraussichtlich ab dem 11. Juli kann das Vorhaben drei Wochen lang unterstützt werden.
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