Ein Abschiebeflug mit weitreichenden Folgen
Demonstranten hingen nur wenige Meter über der Fahrbahn der Ostautobahn. Neben der Gefahr für Autolenker hatte die Kundgebung gegen einen Abschiebeflug nach Afghanistan am Dienstag weitreichende Folgen. Die Aktivisten legten den Verkehr auf einem der am stärksten befahrenen Autobahnabschnitte für mehrere Stunden lahm. 76 vorläufigen Festnahmen auch 238 Anzeigen nach dem Versammlungsgesetz, der Covid-19-Maßnahmenverordnung und der Straßenverkehrsordnung waren die Folge. Eine der Anzeigen richtete sich auch gegen die frühere Grüne Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, die ebenfalls an Demo teilnahm. Eine Anfrage an sie blieb unbeantwortet.
Nicht das geringste Verständnis für die „überschießende“ Aktion zeigt Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Besonders die Gefährdung der Verkehrsteilnehmer auf der A4 verurteilt er aufs Schärfste. „Man stelle sich vor, hier wäre es zu Auffahrunfällen und Personen zu Schaden gekommen. Das hat nichts mit einer friedlichen Kundgebung zu tun und musste daher auch konsequent von den Einsatzkräften aufgelöst werden“, sagt Nehammer.
Das Bündnis „Bleiberecht für alle“ wollte mit der Aktion die Abschiebung von 15 afghanischen jungen Männern verhindern. Es seien dabei ausschließlich Personen betroffen, deren Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde und die somit verpflichtet waren, das Bundesgebiet zu verlassen, heißt es aus dem Ministerium.
12 der 15 Männer seien noch dazu rechtskräftig verurteilte Straftäter nach insgesamt 26 Delikten, darunter schwerer Raub, Diebstahl, schwere Körperverletzung, sexuelle Belästigung, beharrliche Verfolgung und andere. Nehammer betont gegenüber dieser Personengruppe eine „Null-Toleranz-Politik“. „Wer straffällig geworden ist und sich nicht an die Regeln in unserem Land gehalten hat, kann nicht hier bleiben.“
Rassistische Praxis
Dem steht die Meinung der Aktivisten des Bündnis „Bleiberecht für alle“ konträr gegenüber. Der Groll der Aktivisten richtet sich nicht nur gegen die „fehlenden humanitären Werte der türkis-grünen Regierung“, sondern gegen viel mehr: „Wir machen auch die Fluggesellschaften für diese rassistische Praxis sowie Flughäfen als Orte der Klimazerstörung verantwortlich. Jede Fluglinie und sogar die Crew an Bord hätte die Möglichkeit, nicht an solchen Abschiebungen mitzuwirken und damit ein Zeichen der Solidarität zu setzen“, sagt Aktivistin Mara Lund. Die Abschiebung von Menschen in das „derzeit gefährlichste Land der Welt“ sei unverantwortlich.
Nachdem die Polizei die Kundgebung am Mittwochnachmittag nach Stunden aufgelöst hatte, versuchten Aktivisten am Abend nochmals, auf das Flughafengelände zu gelangen und den geplanten Charterflug zu blockieren. Das wurde durch einen weiteren Polizeieinsatz unterbunden. Die von Schweden organisierte Charteroperation der EU-Grenzschutz-Truppe Frontex fand schließlich wie geplant statt. Die Maschine landete Donnerstagfrüh in Kabul. Dabei wurden 29 afghanische Staatsangehörige rückgeführt, davon 15 aus Österreich, 8 aus Schweden, 3 aus Ungarn, 2 aus Rumänien und eine Person aus Bulgarien.
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