Vor dem Laura-Gatner-Haus in Hirtenberg (Bezirk Baden) türmen sich derzeit Schutt und Einrichtungsgegenstände – doch das sind nicht die Spuren eines Auszugs, ganz im Gegenteil. Das einstige Heim, aus dem im Juni 2018 die letzten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge auszogen, soll wieder mit Leben gefüllt werden.
Dafür will Sukhdeep Singh sorgen, der hier selbst einmal sein Zuhause hatte. „Ich habe das Wohnhaus Ende August von der Diakonie gekauft. Es sollen 15 Wohnungen entstehen – vier davon sollen als Sozialwohnungen vermietet werden“, erklärt der 34-Jährige, der nach seiner Flucht aus Indien im März 2003 nach Österreich kam. „Ich bin am ersten Tag als Asylwerber hierher gekommen und habe sechs Jahre in dem Haus gelebt. Es bedeutet mir sehr viel“, erzählt Singh, der heute als Projektleiter bei Siemens arbeitet.
Persönliche Bedeutung
Die Rückkehr ist mit vielen Erinnerungen verbunden. „Diese bunt bemalten Bänke hier, die haben wir damals als Tore beim Fußballspielen verwendet. Die werde ich sicher nicht wegschmeißen. Mit Freunden von damals habe ich ausgemacht, dass wir uns nach Fertigstellung der Arbeiten hier wieder treffen“.
1999 eröffnete die Diakonie das Flüchtlingsheim in dem einstigen Arbeiterwohnhaus. Der Schauspieler Otto Tausig finanzierte eine Aufstockung und ein neues Dach – seither trägt es den Namen seiner Großmutter Laura Gatner, die im KZ ermordet wurde. Wegen seiner jüdischen Wurzeln hatte auch Tausig selbst das Flüchtlings-Dasein erlebt. 2018 musste das Flüchtlingsheim schließen, da es keine Zuweisungen mehr gab und es für die Diakonie finanziell nicht mehr tragbar war. 50 unbegleitete minderjährige Burschen wurden dort von Diakonie und Caritas betreut.
Wegen der persönlichen Bedeutung habe er das Haus auch gekauft. „Es ist nach Otto Tausigs Großmutter benannt und ihm habe ich es zu verdanken, dass ich es bis hierher geschafft habe“, betont er. Der Schauspieler engagierte sich in der Flüchtlingshilfe. „Er hat mich bei meiner Ausbildung finanziell unterstützt und seinem Netzwerk vorgestellt, so konnte ich wertvolle Kontakte knüpfen. Er war meine Betonmauer, die mich stützte und mir immer Mut gab“, sagt Singh.
Vorbildfunktion
Jetzt möchte er etwas zurückgeben. „Eigentlich würde ich viel mehr Wohnungen an sozial Benachteiligte vermieten wollen“, das sei aber im Moment nicht möglich, er musste sich einen „sehr hohen Kredit“ aufnehmen, der zurückbezahlt werden muss. In wenigen Tagen will er mit der Sanierung anfangen, er hofft, dass Anfang nächsten Jahres die ersten Mieter einziehen können. Drei Familien, darunter auch Pater Karl Helmreich, der das Haus einst kaufte und an die Diakonie verschenkte, wohnen momentan im Laura-Gatner-Haus. Es soll auch weiterhin ihr Zuhause bleiben.
„Ich möchte wie Otto Tausig Menschen unterstützen“, erklärt Singh, weswegen er auch in Indien begonnen hat Kindern eine Ausbildung zu finanzieren, damit sie „gar nicht erst flüchten müssen“. Aber auch in Österreich möchte er seine Erfahrungen nutzen, um die „Menschen auf den richtigen Weg zu bringen und Integration voranzutreiben“.
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