Drasenhofen: Burschen müssen wieder umziehen

Drasenhofen: Burschen müssen wieder umziehen
Caritas ist ob des Vorgehens des FP-Landesrats Waldhäusl "überrascht und besorgt". Asylkoordination hat Anzeige erstattet.

Gerade hatten die jungen Burschen angefangen, sich in ihrer neuen Unterkunft einzuleben. Nun wurden fünf von ihnen (laut ersten Informationen waren es sieben, dies wurde aber am Donnerstagnachmittag korrigiert, Anm.) am Mittwoch überraschend erneut verlegt – in Unterkünfte quer verteilt über Niederösterreich.

Es geht um einen Teil der laut FP-Landesrat Gottfried Waldhäusl „auffälligen“ unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die Ende November kurzfristig im Skandal-Quartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) untergebracht waren. Der Großteil kam dann im Caritas-Haus St. Gabriel in Maria Enzersdorf (Bezirk Mödling) unter.

Bei einem Besuch dort am 4. Dezember betonte Waldhäusl noch: „Mein Wunsch ist es, dass diese Betroffenen tatsächlich hier langfristig sein können, und wir mit der Caritas eine Möglichkeit finden, einen langfristigen Vertrag zu schließen.“ Etwas über ein Monat später sieht dies nun anders aus.

Drasenhofen: Burschen erneut verlegt

"Auf Eskalation anlegt"

„Alle Burschen, die volljährig wurden, wurden am Mittwoch übersiedelt“, sagt Doro Blancke von der Gemeinschaft „Fairness-Asyl“. Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner sagt: „Wir sind angesichts der aktuellen Entwicklung überrascht. Es gibt Grund zur Sorge, weil sich der zuständige Landesrat selbst in seinen Aussagen widerspricht. “

Vor einem Monat seien die Jugendlichen noch wie Verbrecher behandelt und hinter Stacheldrahtzaun weggesperrt worden. Einen Monat später sollen sie nun in andere Quartiere aufgeteilt werden – ohne intensive pädagogische Betreuung und ohne dass sich jemand darum kümmert, dass das Zusammenleben funktioniert.

Schwertner betont: „Es geht nicht darum, an welchem Ort sie untergebracht werden, sondern darum dass es eine intensive Rund-um-die-Uhr-Versorgung benötigt. Das ist im Interesse der Niederösterreicher und der Jugendlichen. Es geht darum, dass verantwortungsvoll mit den Niederösterreichern und den Jugendlichen umgegangen wird.“

Blancke erzählt, dass die jungen Männer in St. Gabriel gerade sozialen Anschluss gefunden hätten und nun wieder aus den Netzwerken gerissen werden. Die Burschen seien deprimiert. Einer hätte Selbstmordgedanken geäußert. Sie sagt: „Ich behaupte, dass es die Landesregierung auf Eskalation anlegt, dass man Drasenhofen im Nachhinein rechtfertigen kann.“

"Für ihr Handeln selbst verantwortlich"

Aus dem Büro Waldhäusl hieß es am Mittwoch lediglich: „Sie sind jetzt volljährig, das ist ein üblicher Vorgang, dass sie nun in Erwachsenenquartiere verlegt werden. Sie sind nun erwachsen und für sich und ihr Handeln selbst verantwortlich.“

Dass seitens der Caritas die Verlegung kritisiert werde, ist unverständlich, legte Waldhäusl am Donnerstag in einer Aussendung nach. „Ich bin mehr als enttäuscht, dass sich eine kirchliche Institution nicht an schriftliche Vereinbarungen hält und mit völlig falschen Informationen an die Öffentlichkeit geht.“

Zudem sei der Caritas seitens der Fachabteilung des Landes „noch extra angeboten worden, dass die aktuell fünf betroffenen nunmehr Volljährigen noch weiterhin in St. Gabriel verbleiben könnten“. Das sei jedoch abgelehnt worden, „begründet darin, dass vom Land Niederösterreich anstatt der 220 Euro für Jugendliche ab sofort 'nur' noch der normale Tagsatz von 21 Euro pro Tag ausbezahlt werden würde“, so Waldhäusl in der Aussendung. Daher sei der ursprünglich vereinbarte Umzug in bestehende Erwachsenenquartiere planmäßig vollzogen worden.

Die Caritas hält entgegen: "Bis heute liegt kein Vertrag vor. Die Kinder- und Jugendhilfe hat im Gegenteil am 30. November, als die Jugendlichen von Drasenhofen wegzogen, eine intensive Rund-um-die-Uhr-Versorgung über den 18. Geburtstag hinaus empfohlen." Das Geld sei außerdem völlig zweitrangig. Zentral sei einzig, eine gute Betreuung - von wem und wo auch immer diese bereitgestellt werde.

Anzeige gegen Beamtin

Anwalt Georg Zanger hatte am 3. Dezember gegen Waldhäusl eine Anzeige eingebracht. Inzwischen wurden weitere rechtliche Schritte gesetzt, wie die NGO Asylkoordination in einer Aussendung mitteilt, die sich gegen die für die Belange von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zuständige Mitarbeiterin beim Amt der Landesregierung, Frau W., richten.

W. habe in der Causa eine erstaunliche Doppelfunktion inne: Sie sei gleichzeitig die Rechtsvertreterin der Flüchtlinge gewesen, während sie die Verbringung der Jugendlichen in das Straflager Drasenhofen organisierte. „Es ist dies ein beispielloser Vertrauensbruch gegenüber den Schützlingen von Frau W.“, sagt Anny Knapp, Obfrau der Asylkoordination

Gegen die Mitarbeiterin sei im Namen der Betroffenen Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erstattet worden wegen „Missbrauch der Amtsgewalt“ durch die Freiheitsentziehung. Begründet wird die Anzeige, die im Namen der betroffenen Jugendlichen eingebracht wurde, folgendermaßen: „Es handelt sich vielmehr um eine willkürliche, noch dazu wegen der Rechtswidrigkeit unter Geheimhaltung vor den Verdächtigten durchgeführte Aktion, die uns jedes Recht auf Einspruch oder Beschwerde entzog.“

Damit Rechtsanwalt Georg Zanger jene Jugendlichen, die auch nach dem 1. Jänner noch minderjährig sind, überhaupt anwaltlich vertreten könne, müsse die Frau zudem ihrer Funktion als Rechtsvertreterin der Minderjährigen enthoben werden. „Ein entsprechender Antrag wurde beim zuständigen Bezirksgericht Mödling eingebracht“, teilte die Asylkoordination mit.

Politische Reaktionen

„Entscheidend ist, dass die Personen in Unterkünften untergebracht werden, die den rechtlichen Vorgaben entsprechen“, stellte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) fest. In Drasenhofen sei das „nicht der Fall“ gewesen. „Die gesetzlichen Vorgaben sind die Richtschnur, an die sich der zuständige Landesrat bei der Unterbringung zu halten hat. Das ist die Voraussetzung. Wo das ist, liegt im Ermessen des Landesrats.“

Indra Collini, Neos-Landessprecherin, sagte in Reaktion auf die neuerliche Umsiedlung der Asylwerber am Donnerstag: „Landesrat Gottfried Waldhäusl hat kein Interesse daran, die Probleme im Asylbereich zu lösen. Im Gegenteil: Er verstärkt sie und facht das Feuer noch zusätzlich an." Waldhäusl zeige damit erneut, dass er nicht fähig sei, als politischer Funktionsträger der Verantwortung gerecht zu werden und einen Plan vorzulegen. Deshalb beschließe er "zusammenhanglose Einzelaktionen auf Kosten des Steuerzahlers", die nur darauf ausgerichtet seien, "die Lebensumstände der ihm anvertrauten Menschen so unangenehm wie möglich zu machen.“

Ebenso fragwürdig ist laut Collini die Rechtfertigung Waldhäusls: „Die Volljährigkeit der Asylwerber kann kein Grund dafür sein, sie künftig unbeaufsichtigt zu lassen, denn noch vor einem Monat hat er im Fall Drasenhofen mit der Gefährlichkeit der Jugendlichen argumentiert. Eine ordentliche Betreuung liegt deshalb im Interesse aller Beteiligten.“

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