Die einzige Frau, die das Schießen lehrt
Amelie Eichinger entzieht sich allen Klischees. Eine 23 Jahre junge Frau, der man auf den ersten Blick eher eine Berufslaufbahn als Fitness-Bloggerin oder Testimonial für Schönheitsprodukte zutrauen würde – doch weit gefehlt. Die Niederösterreicherin ist mit Waffen so vertraut, dass sie ihr Brotberuf geworden sind. Sie ist im deutschsprachigen Raum die erste weibliche Schießtrainerin im Verteidigungsschießen – eine Sportdisziplin mit eigenem Reglement. Ihr Wissen und Können gibt sie in Trainings und Kursen weiter, selbst erfahrene Waffenträger wie Polizisten oder Soldaten schauen der 23-Jährigen gerne auf die ruhige Schusshand.
Eine rosa Waffe
Aber wie kommt es, dass eine junge Frau ihre Zeit am Schießstand, auf Waffenmessen oder beim Studium von Ballistikdaten verbringt? Eine gewisse Affinität für die Materie hat ihr das Elternhaus mitgegeben. Vater Heinz ist Ausbilder beim Jagdkommando des Bundesheeres, Mutter Silke ist der gute Geist des Schießvereins und der Ausbildungsstätte „Edelweiss Adventures“ in Sollenau (NÖ) bei Wiener Neustadt. „Mit 12 Jahren habe ich meinen ersten Schuss abgegeben. In einem professionellen, sicheren Rahmen mit meinem Vater. Dann habe ich es aber ein paar Jahre sein lassen“, schildert Amelie Eichinger. Als das Interesse später aufflammte, musste – „typisch Mädchen, die erste eigene Waffe natürlich rosa sein“. Sobald es altersbedingt möglich war, wurden alle notwendigen waffenrechtlichen Dokumente eingeholt und mehrmals wöchentlich am Schießplatz der Eltern trainiert.
Dem geschulten Auge des Vaters ist dabei nicht entgangen, dass seine Tochter nicht nur eine ruhige Hand und überdurchschnittliche Schießfertigkeit an den Tag legte. „Es geht aber primär darum, ob jemand das Zeug zum Ausbilder und die notwendige Didaktik mitbringt“, so Heinz Eichinger. Auf Amelie traf das im „hohen Maße“ zu. Quasi ein Talent, das gefördert wurde, erzählt der Vater mit einem gewissen Stolz.
Im Vorjahr begann sie schließlich die Ausbildung zur Schießtrainerin, die sie im Dezember erfolgreich abschloss. Den Job als gelernte Floristin und Gartengestalterin hat sie längst an den Nagel gehängt und auch die Lehramtsausbildung geriet ins Hintertreffen. „Ich habe schließlich meine Leidenschaft zum Beruf gemacht und lebe vom Job der Schießtrainerin“, erklärt Amelie, die dabei ist, in einer klassischen Männerdomäne Fuß zu fassen und sich professionell zu vermarkten.
Social-Media-Arbeit
Dazu gehört vor allem auch Social-Media-Arbeit. Passend zu ihrem Lieblingskaliber, schmeißt sich Amelie als amy9x19 mit ihren bevorzugten Pistolen auf ihrem Instagram-Profil in Pose. Manchmal auch bewusst sehr provozierend. Trotz Tausender Follower hat sie mit Hassern oder Kritikern aus Richtung der Anti-Waffen-Bewegung noch keine Bekanntschaft gemacht. „Der Großteil der Reaktionen ist positiv. Ich bekomme viel Zuspruch“, sagt Eichinger.
An oberster Stelle stehe bei ihr die Professionalität und das Thema Sicherheit. Bei der Wahl ihrer Waffen vertraut sie daher auch auf einen österreichischen Produzenten, mit dem die Trainerin eine Medienpartnerschaft eingegangen ist. Die treffsichere 23-Jährige weiß ihre Rolle in der Öffentlichkeit gut einzuschätzen. Sie ist sich ihrer Verantwortung bewusst, was die schwer bewaffneten werbewirksamen Auftritte im Netz anbelangt. „Ich will vor allem mehr Frauen den Schießsport näher bringen und die Scheu vor Waffen nehmen.“
Priorität habe für die junge Ausbilderin immer der sichere und verlässliche Umgang mit der Waffe. „Nach einer Minute am Schießstand sieht man schon, wer mit der Sache vertraut ist“, sagt Vater Heinz Eichinger. Wo sich bei der Schießtrainerin der Spaß aufhört: „Ballergeschichten“ von Möchtegern-Rambos. Die haben auch im Verein keinen Platz.
Auffallend sei, dass immer mehr Pärchen an den Kursen und der Ausbildung zur Erlangung des Waffenführerscheins teilnehmen.
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