Der Luftkampf um die Flugrettung spitzt sich zu
Das Match heißt Gelb gegen Rot, oder Christophorus- gegen Martin-Flugrettung. Dicke Freunde werden sie wohl keine mehr, der ÖAMTC und der Salzburger Flugunternehmer Roy Knaus. Seit Knaus (Heli-Austria) mit seinen roten Rettungshubschraubern den "Gelben Engeln", wie die ÖAMTC-Flugrettung auch genannt wird, die Flügel stutzen und ihnen den Flugrettungsvertrag für Wien streitig machen will, herrscht zwischen den erbitterten Konkurrenten eine Art Luftschlacht.
Der ÖAMTC hat jetzt auf mehrere Attacken aus dem Lager von Knaus reagiert und gegenüber allen Personen der Unternehmensgruppe "Heli-Austria" ein Betretungsverbot für 18 Stützpunkte der Christophorus- sowie der Alpin-Einsatzflotte verhängt.
Keine Tankstopps
Das Verbot schließt auch Starts und Landungen der Knaus-Hubschrauber auf den dazugehörigen Zivilflugplätzen (mit Ausnahme von Zams, Linz, Graz und Zell am See) der Stützpunkte ein. Darüber hinaus untersagt der ÖAMTC der Martin-Flugrettung die Betankung sämtlicher Maschinen an einem der besagten Orte.
Für Knaus gefährdet dieses Betankungsverbot die Sicherheit der Bevölkerung. "Gleiches gab es schon 2014, inhaltlich ist es aber völlig falsch. Die Bergrettung Vorarlberg hat bereits bestätigt, dass, wenn sie uns zu einem Einsatz alarmieren und wir Treibstoff brauchen, wir im Sinne der Rettung von Patienten auch am Stützpunkt Christophorus 8 in Nenzing tanken können", sagt Knaus. Der Unternehmer und der ÖAMTC sind erbitterte Konkurrenten im Rennen um das Flugrettungsgeschäft in Österreich. "Es gab zuletzt Mails und öffentliche Postings gegen unsere Mitarbeiter, die wir uns so nicht mehr gefallen lassen konnten", erklärt der Sprecher der ÖAMTC-Flugrettung, Ralph Schüller. Knaus bezeichnete den Konkurrenten auf Facebook als "Flugrettung mit dem kleinsten IQ" und wetterte mit dem Hashtag #babareinhardundoliver gegen den Geschäftsführer der ÖAMTC-Flugrettung, Reinhard Kraxner sowie ÖAMTC-Direktor Oliver Schmerold.
Landeanflug
Knaus hat offen bekundet, den Gelben Engeln den Flugrettungsvertrag für Wien wegschnappen zu wollen. Dafür benötigt es aber noch die Anerkennung als Rettungsorganisation und einen Standort in Wien, was sich für die heurige Ausschreibung wohl nicht mehr ausgeht. Vorsorglich hat sich der Salzburger aber bereits im April strategisch mit dem Stützpunkt "Martin 5" in Bad Vöslau (NÖ) in der Nähe Wiens in Stellung gebracht.
Beim Konkurrenten stößt der Vorstoß in den östlichen Luftraum auf wenig Gegenliebe. "Es besteht absolut keine Notwendigkeit und ist auch völlig ungeeignet, weil wir ein gut funktionierendes System haben. Ein weiterer Hubschrauber ist ein Störfaktor", sagte Kraxner zuletzt.
Während der ÖAMTC durch seinen exklusiven Rettungsvertrag mit dem Land NÖ derzeit für drei Standorte zwei Millionen Euro Zuschuss im Jahr bekommt, muss sich "Martin 5" ausschließlich über die Einsatzverrechnung mit den Sozialversicherungsträgern rechnen. Auch deshalb hat Knaus großes Interesse, an einen Vertrag zu kommen und stichelt weiter: Zuletzt bejubelte er den ersten Notfalleinsatz von "Martin 5" auf Wiener Hoheitsgebiet in sozialen Netzwerken.
21:9 bei der Zahl der Standorte
Lange Geschichte. Der ÖAMTC ist der Platzhirsch in Sachen Flugrettung in Österreich. Der Grundstein wurde 1983 mit dem ersten Helikopter "Christophorus 1" in Innsbruck gelegt, noch im selben Jahr startete der C2 am Standort Krems in NÖ. Mittlerweile zählt die Flotte 21 Notarzthubschrauberstützpunkte. 17 Ganzjahresstandorte werden im Winter zusätzlich durch drei saisonale "Alpin"-Basen entlastet. Ein weiterer Hubschrauber ist nur in der Sommerzeit im steirischen Niederöblarn (Christophorus 99) stationiert.
Dem Gegenüber stehen neun Standorte der Martin-Flugrettung von Heli-Austria. Drei davon in Salzburg, vier in Tirol und jeweils einer in OÖ und NÖ. Die Flugrettung des ÖAMTC schrieb 2019 mit 18.921 Flügen einen Einsatzrekord. Das waren rund 500 Flüge mehr als im Jahr zuvor. Am häufigsten muss wegen internistischer und neurologischer Notfälle ausgerückt werden. Durchschnittlich 52-mal pro Tag wurden die gelben Hubschrauber alarmiert. Die Zahl der nächtlichen Einsätze stieg auf 870 an.
Upgrade
Im April hat der ÖAMTC durch ein umfassendes Upgrade begonnen, seine Eurocopter-135-Maschinen auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. So werden unter anderem die Hauptrotorblätter, das Hauptgetriebe, das Höhenleitwerk sowie einige Cockpitinstrumente ausgetauscht. Vier Techniker arbeiten dafür rund acht Wochen an einer Maschine. In Summe investiert die Flugrettung rund 650.000 Euro in die Modernisierung jedes einzelnen Helikopters.
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