ÖAMTC und ARBÖ: Kampf um die Rettungshubschrauber
Auf den ersten Blick ist es ein Kampf David gegen Goliath. Die einen haben zwei Standorte, die anderen 16. Dass ausgerechnet nun der kleinere Anbieter in der Steiermark eigentlich in der Favoritenrolle zu sein scheint, lässt die Nerven blank liegen. Überall heißt es lapidar, dass es höchstens nur einen minimalen Kommentar gibt. „Es ist ein ziemliches Politikum“, ist allerorts zu hören. Und die Entscheidung wird Auswirkungen auf den gesamten Notarzthubschrauber-Markt in Österreich haben.
Ausgangspunkt ist, dass das Land Steiermark einen dritten Standort im Land haben möchte – irgendwo zwischen Spielberg und Bruck an der Mur. Nachtflugtauglich muss der Hubschrauber sein, hieß es in der Ausschreibung im März. Man wolle eine 24-Stunden-Versorgung. Das traf zunächst nur auf einen Hubschrauber zu – den „Christophorus“ des ÖAMTC. Dieser kann nachgerüstet werden und ist etwa in Niederösterreich schon während der Nacht im Einsatz. Er passte also perfekt zu den genannten Bedürfnissen in der Ausschreibung. Und der ÖAMTC betreibt schon zwei Standorte in der Steiermark. Es schien alles gelaufen zu sein.
Doch im April rüstete der kleinere Flugrettungs-Anbieter – die ARA – auf ein neues Modell um. Der Hubschrauber ist nachtflugtauglich und auch sonst dem ÖAMTC-Gerät überlegen. So hat der ARA-Hubschrauber eine Seilwinde statt des starren Fixseils – damit gehen Bergungen schneller und weitaus sicherer. Immer wieder kam es mit Fixseilen zu tödlichen Vorfällen, zuletzt starben am Eisenerzer Reichenstein im Juli 2017 zwei Menschen bei einer Bergung durch die Polizei. Der ARA-Helikopter ist auch größer und kann mehr medizinische Geräte an Bord mitnehmen.
Nach Ostern waren die endgültigen Ausschreibungsunterlagen abzugeben und da bot die ARA (sie gehört dem Kärntner Roten Kreuz und der deutschen DRF-Luftrettung) plötzlich dieses moderne Fluggerät an. Außerdem hatte der kleine Betreiber nun mit dem ARBÖ einen neuen Partner an Bord. „Das war wohl eine ziemlich heftige Überraschung“, meint ein Insider.
Offiziell Funkstille
Eigentlich sollte seit September an dem neuen Stützpunkt in der Steiermark gebaut werden, denn er soll Anfang 2019 in Betrieb gehen. Dass nun Funkstille vonseiten des Landes herrscht, lässt die Spekulationen heftig blühen. So heißt es, dass geprüft wird, ob die ARA überhaupt eine „anerkannte Rettungsorganisation“ ist, wie in der Ausschreibung verlangt wird. Das wäre absurd, denn in Kärnten und Tirol ist sie es und sie darf mit dem Kärntner Hubschrauber jederzeit in die Steiermark fliegen, um Patienten zu retten. Könnte man so den ARA-Standort tatsächlich verhindern?
Weder beim ÖAMTC noch bei der ARA möchte man dazu überhaupt etwas sagen. ARBÖ-Chef Gert Kumnig meint nur, dass er hoffe „dass in der Steiermark das beste Ergebnis für die Patienten erzielt wird“. Kryptisch gibt sich auch das Land: „Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, deshalb kann dazu keine Auskunft gegeben werden“, heißt es im Büro des für Katastrophenschutz zuständigen SPÖ-Vizelandeshauptmannes Michael Schickhofer. „Grundsätzlich hat das Land Steiermark keine Präferenz für einen Anbieter. Wir nehmen das beste Angebot, von wem auch immer das kommen wird.“
Für den Rettungshubschrauber-Markt wird die Entscheidung jedenfalls große Auswirkungen haben. Der vor etwa fünf bis acht Jahren schwelende Kampf zwischen den Anbietern konnte mittlerweile einigermaßen befriedet werden.
Doch mit dem Frieden könnte es nun rasch wieder vorbei sein – ARA und ARBÖ wollen weitere Standorte haben.
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ÖAMTC EC-135 versus ARBÖ 145 H
Seit 1994 gibt es den EC-135 von Eurocopter, der durch die Übernahme von Airbus nun H 135 heißt. Der 135er ist eines der beliebtesten Modelle in der Flugrettung, auch das Innenministerium schwört darauf. Er hat eine Reichweite von 663 Kilometern und erreicht 259 km/h. Theoretisch hätten sieben Personen Platz. Der ÖAMTC betreibt insgesamt 29 Hubschrauber, zuletzt wurde die verbesserte Version T3 angeschafft, die 20 Prozent mehr Leistung hat. Die Minuspunkte sind, dass die Nachtsichtflugtauglichkeit erst mühsam hergestellt werden muss, es nur ein Fixseil zur Bergung gibt und der Innenbereich nicht so geräumig ist wie beim Konkurrenten.
Der Airbus Helikopter H 145 T2 ist 2014 auf den Markt gekommen, die Basisversion fliegt seit 1999. Er hat eine Reichweite von 700 Kilometern und erreicht 262 km/h. Theoretisch kann er bis zu elf Personen aufnehmen. Er hat eine Seilwinde, mit der Patienten sehr rasch geborgen werden können. Er wurde entwickelt, um die Schwachstellen des kleineren Bruders EC-135 auszubügeln. So ist er komplett 24-Stunden-tauglich mit Nachtsichtgeräten und entsprechender Nacht-Innenbeleuchtung, außerdem ist er lärmreduziert. Dafür ist er etwas größer (der Rotor ist elf statt 10,20 Meter groß) und benötigt deshalb einen leicht größeren Landeplatz.
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