Zwei Tote: Seilriss verhinderte den Absturz

Der Absturzort am 4. Juni
Flugpolizei-Pilot startete trotz Sturmböen von bis zu 80km/h zum Eisenerzer Reichenstein.

Rund um den tragischen Vorfall mit zwei Toten am Eisenerzer Reichenstein in der Steiermark gibt es derzeit de facto eine Nachrichtensperre. Selbst der genaue Zeitpunkt des Unfalls am 4. Juni wird "aus juristischen Gründen" von der Polizei nicht bekannt gegeben. Auch die Staatsanwaltschaft Leoben bestätigt momentan offiziell nur, dass gegen den Piloten wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt wird und ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde.

Sturm, Regen und Blitze

Tatsächlich dürften die Umstände durchaus brisant sein, wie mehrere in die Untersuchung involvierte Personen dem KURIER bestätigen. Entscheidend ist dabei zunächst die Frage, ob der Bergungsflug des Polizei-Hubschraubers nicht viel zu riskant gewesen ist.

Denn als der Notruf der beiden Bergsteiger gegen 14.30 Uhr eintraf, waren die Wetterbedingungen am Bergungsort ziemlich miserabel. Laut Ubimet gab es am nahen Schoberpass um diese Zeit Windböen von bis zu 80 km/h, also ein Wert, den man laut Beaufort-Windskala als Sturm bezeichnen kann. Im Raum Trofaiach fielen 11,2 Liter pro Quadratmeter Regen in den vier Stunden rund um die Startzeit. Laut Hoher Warte in Wien wurden zwischen 13 und 16.15 Uhr Blitzereignisse in dem Gebiet registriert.

Zwei Tote: Seilriss verhinderte den Absturz
Polizei-Hubschrauber "Libelle"
"Das Problem ist, dass diese Einsätze sehr oft am Limit sind. Wenn es gut geht, dann ist man der Held", sagt ein hochrangiger Polizeivertreter. Laut KURIER-Recherchen ist der Helikopter mit der Kennung OE-BXY jedenfalls erst "rund um 14.45 Uhr" in Graz gestartet, also etwa eine Viertelstunde nach dem Notruf. Warum dauerte es so lange? Gab es Zweifel?

Zwei Stunden nach dem Start

Rund zwei Stunden später, gegen 16.40 Uhr, führte dann am (von Graz rund 50 Kilometer entfernten) Eisenerzer Reichenstein eine von oben kommende Windböe zu einer Art Strömungsabriss. Der Hubschrauber sackte ab, dabei riss das Bergeseil an einer Felskante. Der Alpinpolizist Thomas H. (48) sowie eine Wanderin stürzten in die Tiefe und starben, ein Wanderer wurde lebensgefährlich verletzt.

Die Ermittler sind sich – laut zwei von einander unabhängigen Quellen – sicher, dass der Hubschrauber abgestürzt wäre, wenn das Seil mit den drei Personen nicht gerissen wäre. Dann hätte es noch mehr Tote gegeben.

Parlamentarische Anfrage

Die Neos werden nun eine parlamentarische Anfrage zum Absturz einbringen. Sie fordern Transparenz bei den Untersuchungen ein. Das Innenministerium hat nach den dubiosen Vorkommnissen rund um die Abstürze von Polizei-Hubschraubern in Deutschlandsberg und in den Achensee reagiert und eine unabhängige internationale Untersuchungskommission eingesetzt. Ermittler der derzeit in eine Millionenaffäre verwickelten Bundesanstalt für Verkehr will man jedenfalls nicht einsetzen.

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