Das Rätsel um die unbekannte „Schokobirne“ an der Moststraße

Herkunft und Name der unbekannten Birne aus dem Ybbstal wird wissenschaftlich erforscht
Bei der diesjährigen Sortenbestimmungsaktion tauchten namentlich unbekannte und bislang verschollen geglaubte Früchte auf

Eine Birne mit sattbrauner Schale und beigem, süßem Fruchtfleisch sorgt unter den Mostviertler Obstbauern, aber auch bei Experten, für Entzücken. Bei der diesjährigen Sortenbestimmungsaktion in der Leaderregion Moststraße schlüpfte die aus dem Ybbstal abgegebene Frucht in die Rolle der großen Unbekannten. Sie wurde spontan einmal „Schokobirne“ genannt, weil sie aussieht, als wäre sie in Schokolade getaucht worden. Gleichzeitig bestätigte die Entdeckung einmal mehr das noch immer große Reservoir an Birnen- und Apfelsorten im westlichen Niederösterreich.

Das Rätsel um die unbekannte „Schokobirne“ an der Moststraße

Pomologin Gerlinde Handlos erforscht alte Obstsorten im Mostviertel

Allein entlang der niederösterreichischen Moststraße sollen noch mehrere Hundert Sorten existieren. Mittlerweile sind 248 Birnen- und Apfelsorten pomologisch, also wissenschaftlich dokumentiert. Umso mehr freute es die beiden Pomologinnen Gerlinde Handlos und Martina Schmidthaler, dass im Rahmen der Bestimmungsaktion wieder 500 Proben abgegeben wurden. Es ist nicht simple Neugierde, anhand von Herkunft, Aussehen, Geschmack und Genmaterial alte Sorten zu erkennen und zuzuordnen. „Schlussendlich geht es dabei um den Erhalt, die Vermehrung und Wiederauspflanzung regionaltypischer Sorten“, sagt Handlos.

Bedrohung

Der Hintergrund ist dramatisch: Durch die Überalterung der Baumbestände, durch Krankheiten und Rodung drohen viele Sorten für immer verloren zu gehen. Das wäre nicht nur aus Sicht der ökologischen Vielfalt und Biodiversität ein großer Verlust. Die Vielfalt der meist noch immer in Streuobstanlagen stehenden Bäume sind landschafts- und klimaprägend und eine in Europa einzigartige touristische Ressource. Wenn auch derzeit nur rund 15 Mostbirnsorten in der Mostproduktion intensiv genutzt werden, so ist eine große Sortenvielfalt im Hintergrund enorm wichtig. Um etwa die Krankheit „viröse Birnenverfall“ besiegen zu können, gibt es ähnlich wie beim Feuerbrand große Kraftanstrengungen alte resistente Sorten zu finden.

Das Rätsel um die unbekannte „Schokobirne“ an der Moststraße

Pomologinnen Martina Schmidthaler (l.) und Gerlinde Handlos (r.) mit Moststraßenobfrau Michaela Hinterholzer

Aber zurück zur süßen Ybbstaler Unbekannten. Die Forscherinnen müssen jetzt in Zusammenarbeit mit dem Baumbesitzer und mit genetischen Analysen die pomologische Herkunft und den wahren Namen erarbeiten. Fest steht, dass sie bestens als Dörr-, also Kletzenbirne geeignet ist. Neben der braunen Unbekannten wurden auch zwei andere bislang verschollene Birnen, die Rote Scheibelbirne und die Welsche Bratbirne wiederentdeckt. Auch ein aufgetauchter Mostapfel gibt den Pomologinnen vorerst noch Rätsel auf.

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