Im Visier der Ermittler: "Wir sind nicht die Hellseher der Reichsbürger"
Das geparkte Wohnmobil mit dem aufgemalten Engel in Regenbogenfarben und der auffälligen Aufschrift „WenderMobil“ ist das Einzige, was an einem der schmucken Siedlungshäuser im beschaulichen Mostviertelort Zeillern in Niederösterreich außergewöhnlich wirkt.
Dennoch war Mittwochfrüh dort eine Spezialeinheit mit vermummten Polizisten vorgefahren. In einer sechsstündigen Hausdurchsuchung wurde die Wohnung eines Paares auf den Kopf gestellt. Die Bewohner stehen laut deutschen Bundesbehörden im Verdacht, sogenannte Reichsbürger bei einem geplanten Staatsstreich mit hellseherischen Fähigkeiten zu unterstützen.
Beim Lokalaugenschein des KURIER in dem Wohnhaus zeigt das vom Polizeieinsatz noch immer geschockte Paar nach anfänglicher Skepsis jedenfalls ein ganz anderes Bild, als man es von renitenten Staatsverweigern kennt. Die Arbeit und das „Wirken“ des in der Ortschaft als unauffällig beschriebenen Paares empfindet man aber als ungewöhnlich und nicht alltäglich.
Seit genau fünf Jahren wohnen Renate Scherz und Siegfried Dawids, beide 63 Jahre alt, in dem Miethaus. Zwei kleine Zwergspitze empfangen den Reporter aufgeregt, während das Frauerl in Tränen ausbricht. In den heimelig eingerichteten und reichlich mit Bildern und esoterischen Symbolen bestückten Wohnräumen herrscht teilweise noch das von der Hausdurchsuchung verursachte Chaos.
„Alles wurde umgedreht. Wir haben nichts verbrochen, wir sind keine Reichsbürger und schon gar nicht deren Hellseher. Wir haben bislang nicht gewusst, wer die überhaupt sind“, sagt Siegfried Dawids. 16 Beamte hätten nach Waffen und anderen verdächtigen Gegenständen gesucht und alle elektronischen Geräte mit Datenträgern mitgenommen.
Seine Frau wirke als Medium, er sei in der Lage frühzeitig Schocksituationen in Menschen zu erkennen. „Die lösen Krankheiten aus, was ich durch eine frühzeitige Behandlung verhindern kann“, schildert der deutsche Staatsbürger Dawids in breitem schwäbischen Dialekt. Mit seiner Frau führt er einen höchst rührigen Verein im esoterischen Bereich, wie der Internetauftritt belegt. Regelmäßig werden im Haus Meditationsrunden abgehalten.
„Wir konnten schon so vielen Menschen helfen. Wir verlangen dafür keine Honorare, sondern leben von dem, was wir freiwillig bekommen“, erklärt die gebürtige Niederösterreicherin Scherz. Nur wenn sie ihre Kraft als Medium spüre, könne sie helfen, malen oder die kunstvoll gefertigten sakralen Kelche oder Figuren sticken, erzählt die Frau.
Vielen Kranken habe man als "mobile Wender" - so nennt man im Mostviertel Esoteriker mit speziellen Heilaktivitäten - bereits helfen können, versichert das Paar. Auch in Deutschland. Das sei wohl auch die einzige Erklärung, wie man ins Visier der deutschen Bundesstaatsanwaltschaft geraten konnte, vermutet Dawids.
„Wir haben im Bus etlichen Schwerkranken geholfen. Deren Namen finden sich jetzt auf der Liste der Verdächtigen der Bundesstaatsanwaltschaft. Mit Reichsbürgerschaft haben wir nichts zu tun“, versichert Dawids. Das Verhalten der österreichischen Polizisten bei der Hausdurchsuchung sei korrekt gewesen, zwei Beamte des deutschen Bundeskriminalamts hätten dagegen mit aller Gewalt „etwas finden wollen“, erzählt das Paar. „Wir haben jetzt Angst, dass uns etwas untergeschoben wird“.
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