Christopher Schärf: „Man darf sich nie erwischen lassen“

Der Schauspieler zu Gast im KURIER-Studio auf der Mariahilfer Straße
Man kennt ihn als Strizzi. Doch Schärf kann mehr. Der Schauspieler übers Filmen in Corona-Zeiten, Home-Office und seinen Lebensweg.

Herr Schärf, wie hat sich Ihr Alltag im Lockdown verändert?

Ich bin sehr vorsichtig geworden. Wenn ich mich infiziere, fällt eine ganze Produktion zusammen. Der Lockdown macht mir natürlich zu schaffen, wie wohl allen von uns. Ich versuche, meine Gedanken und Energie in andere Dinge zu stecken.

Zum Beispiel? Wie funktioniert Home Office für Schauspieler?

Ehrlich gesagt läuft mir die Zeit davon: Ich habe viele Castings online, lese Drehbücher, habe begonnen, Gitarre zu spielen und an einem eigenen Drehbuch zu schreiben. Ich versuche, mir den Tag einzuteilen. Eigentlich hätte ich jetzt gerne Urlaub gemacht. Im Sommer hatte ich viel zu tun, da wurden die Drehtermine aus dem Frühjahr nachgeholt.

Wie schauen Drehs während einer Pandemie aus?

Es war ein anstrengender Sommer voller Auflagen, Wochen in Quarantäne und unzähligen Corona-Tests – glücklicherweise alle negativ. Vor jeder Produktion musste ich mich isolieren, durfte keine Öffis benutzen, nur mit dem eigenen Auto fahren, es herrschte Maskenpflicht am Set, alles wurde desinfiziert. Da ist diese Paranoia, sich anzustecken, ein wenig hängen geblieben.

KURIER Talk mit Christopher Schärf

Sie sind für Ihre Rollen der zwielichtigen Typen bekannt, der Strizzis. Welche Charaktere verkörpern Sie in Ihren neuen Projekten?

(Lacht.) Die Strizzis kann ich gut, das stimmt. Obwohl ich früher eigentlich häufiger den braven Liebhaber der Hauptdarstellerin gespielt habe. Im „Schwarzen Quadrat“, einer skurrilen Komödie, spielte ich jetzt einen sehr korrekten Gentleman, einen Tanzlehrer auf einem Kreuzfahrtschiff für ältere Damen. Dann war ich ein Vater mit einem kleinen Baby, das hab ich vorher noch nie gemacht, das war in der Produktion „Generation Beziehungsunfähig“. Bei den „Toten vom Bodensee“ bin ich beides, gut und böse, das dreht sich immer. Und gut, einen „Tatort“ habe ich gedreht, da war ich wirklich ein Strizzi, nämlich der „Böse König“, die Titelrolle.

Sie schaffen es immer, sich extrem in Ihre Rollen einzuleben. Wie gelingt Ihnen das?

Ja, ich neige dazu, sehr obsessiv zu sein. Ich kann mich sehr gut in Dinge hineinsteigern. Ich bin aber auch sehr ehrgeizig, ich übe und arbeite an jeder einzelnen Rolle. Egal wie viele Strizzis ich schon gespielt habe, jeder Charakter ist ein eigener. Ich setze mir keine Maske auf und spiele eben einen Bösewicht, sondern ich versuche immer, genau den Bösewicht zu spielen, der in dieser Produktion gebraucht wird.

Christopher Schärf: „Man darf sich nie erwischen lassen“

Schärf als Strizzi im Wiener LandKrimi "Achterbahn"

Wollten Sie schon immer Schauspieler werden?

Als Kind war ich hyperaktiv. Das Schauspielen hat mich in meine Mitte gebracht. Aber nein, eigentlich wollte ich immer Profi-Tennisspieler werden. Ich war wirklich gut, war sogar Stadtmeister in Wiener Neustadt, mit acht Jahren unter den Unter-12-Jährigen. Nebenbei habe ich viele Filme geschaut, vor allem die Rocky-Filme haben mich fasziniert.

Nach der Matura habe ich ein bisschen gearbeitet, unter anderem als Produktionsfahrer beim Film oder als Lichtassistent, und mir immer die Schauspieler angeschaut. Und ich dachte mir, wenn ich das nicht ausprobiere, dann bereue ich das vielleicht einmal.

Schärf wurde 1979 in Mödling geboren und wuchs in Wien und Felixdorf auf. Er maturierte am Bundesgymnasium Babenbergerring in Wiener Neustadt, bevor er nach New York ging, um im William Esper Studio Schauspiel zu studieren. Schärf spielte unter anderem bei „Tatort“, „SOKO Wien“, „Die Toten vom Bodensee“ sowie in zahlreichen Film-Produktionen mit. Für seine Rolle in dem österreichischen Drama „Einer von uns“ erhielt Schärf 2016 den Österreichischen Filmpreis für die beste männliche Nebenrolle, 2019 war er für die Romy nominiert.

Um Schauspiel zu studieren, sind Sie dann nach New York gegangen – war Wien nicht gut genug?

In Wien ist der Schauspielunterricht sehr aufs Theater ausgelegt, das wollte ich nie. Ich wollte im Fernsehen zu sehen sein. Da ist man in New York richtig. Dort wird einem beigebracht, man selbst zu sein und Rollen authentisch zu füllen. Man lernt keine Technik, sondern wie man sich von auferlegten Zwängen und unechtem Verhalten befreit, um bei sich selbst anzukommen und kreativ zu sein. Das Wichtigste ist: Man darf sich nie erwischen lassen, dass man eigentlich gerade schauspielt.

Christopher Schärf: „Man darf sich nie erwischen lassen“

2019 wurde Schärf (rechts) für das Drama „Nichts zu verlieren“ für die ROMY nominiert

Sind Sie zufrieden, wenn Sie heute auf Ihren Werdegang zurückblicken?

Ich bin keinen leichten Weg gegangen. Ich weiß bis heute nicht, wie ich die Matura geschafft habe (lacht). Ich hab zwar nie in der Schule gefehlt, aber mich hat das Lernen nicht interessiert. Ich hatte lange Haare, trug weite Hosen, und bin lieber mit dem Skateboard gefahren.

Beim Schauspielen habe ich gelernt, dass es kein Problem ist, so zu sein, wie man eben ist. In New York hab ich in der Bronx gewohnt, habe bei vielen kleinen Produktionen mitgespielt, um zu überleben. Heute kann ich es mir leisten, nicht mehr zu allem ja zu sagen. Mein Traum ist in Erfüllung gegangen: Ich kann gut leben, und lebe sehr im Moment.

Fehlt Ihnen manchmal das Kleinstädtische?

Ich vermisse die Natur. Ich kletter gern und bin gerne draußen, etwa im Höllental, bei der Rax. Dort finde ich Ruhe. Oder im Bad Fischauer Bad.

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