Bratislava: Wenn die Stadt bis an die österreichische Grenze wächst

Die Burg von Bratislava
Direkt angrenzend an Österreich sind neue Stadtteile mit bis zu 15.000 Menschen geplant – vorerst

In einem grenzenlosen Europa wachsen Regionen zusammen. Musterbeispiel dafür ist Bratislava. Früher war die 425.000 Einwohner zählende Stadt durch den Eisernen Vorhang von Österreich getrennt. Seit einigen Jahren wächst es so stark, dass die an der Grenze gelegenen Ortschaften langsam zu Vororten der slowakischen Hauptstadt werden.

Etwa ein Viertel der in Kittsee, Wolfsberg, Berg und Hainburg lebenden Menschen sind Slowaken. Diese Suburbanisierung, also eine Wanderungsbewegung an den Stadtrand, wird noch dadurch befeuert, dass die Grundstückspreise in Niederösterreich und dem Burgenland billiger sind als in der Slowakei.

Bratislava: Wenn die Stadt bis an die österreichische Grenze wächst

Ein Viertel der in Kittsee lebenden Menschen sind Slowaken.

Aber nicht nur in Österreich sorgt die dynamische Entwicklung von Bratislava für Zuzug. Auch in der Stadt selbst sind neue Bauprojekte geplant. Bereits Mitte 2020 wird mit den ersten Arbeiten der Bau des Stadtteils Nesto vorbereitet, der 2021 beginnen soll. In der ersten Bauphase werden Wohneinheiten für 4.000 Menschen gebaut, in der nächsten für weitere 11.000. Nördlich davon wurden bereits weitere Flächen umgewidmet. Auch südlich soll ein weiteres Stadtviertel mit dem Namen Nové Pole für zusätzliche 25.000 Menschen geplant sein.

Baum soll koordinieren

Um die dynamische Entwicklung zu begleiten, wurde bereits 2007 das EU-Projekt Bratislava Umland Management (Baum) ins Leben gerufen, das vorerst bis Ende 2020 laufen soll und an dem sowohl die Stadt Bratislava als auch die Länder Niederösterreich und Burgenland beteiligt sind. Ein Nachfolgeprojekt ist bereits angedacht.

Ziel ist, die Beziehungen und den Informationsfluss zwischen der slowakischen Hauptstadt und dem österreichischen Umland zu verbessern. 2017 wurde ein gemeinsames Koordinationsbüro in Bratislava eingerichtet.

Bratislava: Wenn die Stadt bis an die österreichische Grenze wächst

Ein Beispiel dafür ist die regionale Buslinie 901, die Hainburg und Bratislava seit 2009 miteinander verbindet. Diese war Ende 2019 privatisiert worden, was zu höheren Fahrpreisen und Unmut führte. Die Vertreter von Baum traten als Vermittler auf, jetzt werden intensive Gespräche über einen grenzüberschreitenden Regionalverkehr geführt. Denn die Region wird durch den neuen Stadtteil Nesto weiter zusammenwachsen.

Das bringt Kritik des Naturschutzbundes mit sich, weil der direkt an der Grenze liegende Stadtteil das sogenannte Grüne Band durchschneiden würde – ein 12.500 Kilometer langer und schmaler Bereich naturbelassener Lebensräume, der sich im Schatten des Eisernen Vorhangs entwickelt hat.

Bratislava: Wenn die Stadt bis an die österreichische Grenze wächst

Bratislava wächst - und die Gegend um die Stadt auch

Laut Harald Ladich, Projektverantwortlicher beim Regionalmanagement Burgenland, und Bindeglied zum Projekt Baum soll es demnächst Gespräche über mögliche Aufforstungen geben. Außerdem wird entlang der Grenze ein Windschutzgürtel angelegt.

Staaten sind gefordert

Mit dem zunehmenden Individualverkehr gibt es ein weiteres Thema, das eine zwischenstaatliche und grenzüberschreitende Lösung brauchen wird. Die österreichischen Gemeinden Berg und Kittsee wünschen sich eine Mautbefreiung für die Autobahn A6, um die Situation im Ortsgebiet zu entlasten. Denn die Zahl der Mautflüchtlinge nimmt stark zu. Von slowakischer Seite soll es bereits Signale für die Umsetzung einer ähnlichen Maßnahme geben, wenn Österreich sich ebenfalls dazu entschließt. Laut Ladich soll es im März dazu Gespräche auf Bundesebene geben. „Unterm Strich wäre damit allen geholfen“, sagt er. Und die Region würde weiter zusammenwachsen.

Abseits vom Boom: Grenzenlose Idylle 

 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit gibt es auch im südlichen Burgenland. Wobei in der strukturschwachen Region die Herausforderungen ganz andere sind als in der boomenden Region rund um Wien und Bratislava. Und deshalb auch die Lösungen. Aus der Not wurde eine Tugend gemacht. Und so  geht es im südöstlichsten Zipfel Österreichs um sanften Tourismus. 

Auch hier setzt man auf länderübergreifende Kooperationen.  Der Naturpark Weinidylle will gemeinsam mit Ungarn die touristische Nutzung der Kellerstöckl stärken. Es geht um gut eine Million Euro, der Weinidylle stehen davon 600.000 Euro zur Verfügung, der Rest den ungarischen Projektpartnern. 85 Prozent der Mittel finanziert die EU. „Wir wollen eine grenzüberschreitende Aufbereitung des Natur- und Kulturerbes  machen und alle touristischen Partner einbinden“, sagt Thomas Schreiner, Obmann der Weinidylle.

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Die Kellerstöckl sollen durch eine touristische Nutzung in Österreich und Ungarn erhalten bleiben 

Bisher würden nur wenige Kellerstöckl touristisch genutzt, sie seien aber gefragte Urlaubsdestinationen.   Die internationale Nachfrage nach diesen regionaltypischen  Angeboten steigt zwar. „Es hat sich jedoch gezeigt, dass die fehlende professionelle Aufbereitung, wie eine zentrale Onlinebuchbarkeit, Gäste-Check-in, Gästebetreuung, gemeinsame Angebotsgestaltung,  den heutigen Markterfordernissen nicht entspricht“, erklärt der Weinidylle Obmann.  

Mit dem Projekt habe die Region die nötigen Mittel, um diese Leistungen zu schaffen.  „Unser Hauptziel ist es , bisher nicht genutzte Weinkeller für die touristische Vermietung zu modernisieren“, erklärt Schreiner. Vor allem internationale Touristen würden diese speziellen Ferienwohnungen in den Weinbergen buchen. 

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Laut Projektbeschreibung geht es um rund 1.000 Kellerstöckl in Österreich und Ungarn, die noch ungenutzt sind.  Gemeinsam   wollen die Projektteilnehmer eine grenzüberschreitende Wein-Erlebnis-Region schaffen und so mehr Gäste anlocken und gleichzeitig die traditionellen Bauwerke vor dem Verfall schützen. 

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