80 Prozent sprechen kein Wort Deutsch
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr" lautet ein altbekanntes Sprichwort. Das dachte sich auch die Gemeinde Kittsee, die in Sachen Integration bei den Kleinsten ansetzt.
Eigentlich blieb der Gemeinde gar keine andere Wahl, ist sie doch die am stärksten wachsende Gemeinde des Burgenlandes. Rund 2700 Einwohner hat Kittsee heute. Das sind um 44 Prozent mehr, als noch im Jahr 2003. Bei den zu betreuenden Kindern ist das Wachstum mit einem satten Plus von 85 Prozent noch deutlicher.
Durch die Nähe zu Bratislava sind es hauptsächlich Slowaken, die sich in Kittsee ansiedeln. Damit das Miteinander gut funktioniert, wird auf Sprachförderung gesetzt. Und die beginnt im Kindergarten.
Kinder lernen schnell
"Unser Haus ist aus allen Nähten geplatzt. Zwei Gruppen mussten in der Volksschule untergebracht werden. Daher hat man sich für einen Neubau entschlossen", erzählt Klara Wenth, die Leiterin des Kindergartens Kittsee.
205 Kinder in neun Gruppen werden von ihr und ihrem Team heute betreut. "80 Prozent der Kinder, die zu uns kommen, können kein Wort Deutsch, da ist Integration unumgänglich."
Wenth kann sich noch erinnern, als das erste Kind mit nicht Deutsch als Muttersprache in den Kindergarten kam. "Das war gleich nach der Grenzöffnung. Ihr Vater hat sie damals angemeldet. Heuer hat sie mir eine Einladung zu ihrer Sponsion geschickt", erzählt Wenth stolz.
25 Jahre später sollen mit dem Projekt "Mama, Papa und ich lernen Deutsch" auch die Eltern verstärkt miteingebunden werden. Der Kurs sei kostenlos und werde gut angenommen. Und auch umgekehrt funktioniere es gut: "Kinder, die nur Deutsch können, lernen Slowakisch. Ich finde das wichtig, denn sie hören die Sprache jeden Tag, also sollen sie sie auch verstehen."
Kerstin Waldschitz arbeitet seit drei Jahren im Kindergarten Kittsee. Dass viele Kinder kein Wort Deutsch sprechen, wenn sie zu ihr kommen, sieht sie gelassen. "Am Anfang sind Mimik und Gestik gefragt, aber wir meistern das sehr gut. Die Jüngeren lernen von den Älteren."
Dass Integration auch Probleme mit sich bringen kann, gibt Bürgermeisterin Gabriele Nabinger zu. "Es sind sehr rasch viele zugezogen. Aber wir werden uns aneinander gewöhnen müssen und versuchen bei den Kleinsten im Kindergarten anzufangen. Das funktioniert gut."
Um das Wachstum in den nächsten Jahren einzudämmen, hat die Gemeinde einen Bebauungsstopp erlassen. "Wir wollen keine Stadt werden, sondern den dörflichen Charakter erhalten", sagt Nabinger.
Laut Landeshauptmann-Stellvertreter und Staatsbürgerschaftsreferent Franz Steindl wurden heuer im Burgenland bis dato 101 Staatsbürgerschaften verliehen. Im Jahr 2011 waren es insgesamt 144. Weit größer ist der Anteil an Nicht-Österreichern, die im Burgenland leben: Rund 20.000 waren es mit Stichtag 1.1.2014.
Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund liegt im Burgenland bei rund elf Prozent. Grund für Steindl, die Wichtigkeit der Sprache hervorzuheben. Für ihn ist die Frühförderung im Kindergarten ein wichtiges Thema. „Es muss sichergestellt sein, dass Kinder, wenn sie in die Schule eintreten auch sprachlich fit sind.“
Seit 2006 ist die Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft der Nachweis der Kenntnisse der deutschen Sprache sowie der Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung Österreichs, der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes in Form eines Tests. „Es ist sinnvoll, ein gewisses Maß an Sprachkenntnissen zu verlangen, denn erst dadurch wird Kommunikation und damit auch Integration möglich“, sagt Steindl.
Neben der Sprache betont Steindl auch die Bedeutung der Vereine. „Vereine sind eine hervorragende Plattform zur Integration – etwa die Sportvereine. Sport verbindet, fördert das Miteinander und schafft Gemeinsamkeiten.“ Über das gemeinsame Sporterlebnis ergäbe sich außerdem die Gelegenheit, Missverständnisse und Vorurteile abzubauen.
Kommentare