Bierbrauerin: „Ich habe es so lange gekostet, bis es geschmeckt hat“
„Schon als Kind habe ich zu meiner heißen Schoki Bierschaum gelöffelt – geschmeckt hat das natürlich nicht, aber ich konnte es einfach nicht lassen und habe es immer wieder probiert“, erzählt Karin Thaller mit strahlendem Gesicht, wenn man sie fragt, woher ihre Leidenschaft für Bier kommt. Diese Faszination, die das Getränk schon früh in ihr ausgelöst hat, hat sie nicht mehr losgelassen.
Jetzt macht die gebürtige Tullnerin ein Studium zur Braumeisterin an der Hochschule Weihenstephan in München, die zur Technischen Uni gehört. Nach ihrem Abschluss wird die 25-Jährige Österreichs erste diplomierte Braumeisterin.
Studierende aus aller Welt
„Mit mir haben 36 andere gestartet, fünf davon sind Frauen“, sagt sie. Und die Studierenden kommen aus der ganzen Welt, etwa aus Südkorea oder aus Thailand, „weil es nirgends eine vergleichbare Ausbildung gibt, auch in Österreich nicht.“
Der Studienplan enthält die naturwissenschaftlichen Grundlagen – etwa Chemie, Mathematik, Molekularbiologie – und brauspezifische Sachen, von den Rohstoffen bis zur Technologie. Die Unterrichtssprache ist Deutsch. Egal in welche Brauerei man auf der Welt gehe, es sei sehr wahrscheinlich, dass man dort jemanden treffe, der Deutsch spreche, erzählt Thaller. In welche Brauerei sie selbst einmal gehen möchte? „Langfristig definitiv in eine mittelständische in Österreich.“ Aber davor könnten noch Stationen im Ausland kommen.
Zur Zeit ist sie stellvertretende Braumeisterin in der Stiftsbrauerei Schlägl in Oberösterreich. Möglich sei das wegen Corona. „Wir hatten sehr viel Distance Learning. Das ist wirklich positiv, so kann ich meine Berufserfahrung vertiefen und viele Dinge aufschnappen.“
„Dinge“ über das Brauen und Bier aufschnappen hat bei Karin Thaller schon früh begonnen, „mit meinen ersten Schnuppertagen mit 13 Jahren in der Privatbrauerei Zwettl“, erzählt sie. „Ich war fasziniert, dass aus vier Rohstoffen immer etwas anderes rauskommt.“
Weltmeisterschaft
Und von da an war für sie klar, dass sie Brauerin werden wollte. Ohne zu wissen, ob ihr das Getränk eigentlich schmecken würde. „Während andere in den Ferien ins Bad gingen oder ausgeschlafen haben, bin ich um sechs Uhr morgens schon im Brauhaus gestanden und habe zugeschaut“, erzählt sie.
Sie habe mehrere Schnuppertage absolviert, später hat sie in der Zwettler Brauerei ihre Lehre zur Brau- und Getränketechnikerin gemacht, und zwar nach der Matura in Tulln. „Das war Bedingung“, erzählt sie. Bedingung, die die Eltern stellten? „Nein von der Brauerei, damit sie mich als Lehrling nehmen – davor war ich einfach zu jung, ist ja auch klar, es ist doch ein alkoholisches Getränk.“
Zur Biersommelier-Weltmeisterschaft
Sie war der erste weibliche Lehrling, skeptisch sei man deshalb aber nicht gewesen. „Ich bin immer mit offenen Armen empfangen worden. Sie haben mich praktisch aufwachsen gesehen – und auch meine Motivation gespürt“, erzählt sie.
Der Berufswunsch kam also, bevor sie überhaupt Bier getrunken hat. „Als ich es dann probiert habe, habe ich so lange gekostet, bis es mir geschmeckt hat“, so Thaller. Das sei aber ganz normal, der Biergeschmack sei Gewohnheitssache: „Wir haben kaum bittere Substanzen in unserem Essen und Trinken. Als Kind findet man alles Bittere meistens nicht gut – darauf muss man den Gaumen erst trainieren.“
Und jetzt ist der Geschmack von Karin Thaller so trainiert, dass sie alle Fehlaromen wahrnehmen und benennen kann. „Ich schmecke jede Nuance, die nicht passt“, erzählt die diplomierte Biersommelière. Deshalb tritt sie auch im nächsten Jahr bei der Biersommelier-Weltmeisterschaft für das österreichischen Team an. „Bierverkostungen sind immer eine feine Sache“, sagt sie. Und das merkt man ihr an, wenn sie nach einem Schluck von einem Schwarzbier von Kaffee- und Schokoladenote spricht.
Selbst mag sie gerne hopfenbetonte Biere – Pils oder Pale Ale. „Aber es ist situationsabhängig, zu einem Schokokuchen kann es gerne ein Stout sein, zu Weihnachten ein Bockbier.“ Und: „Man sagt immer, die Arbeit soll man nicht mit nach Hause nehmen, aber mir bereitet es große Freude, wenn ich das tue und ein Bier trinke, wo ich selbst dazu beigetragen habe.“
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