Bestes Beispiel dafür ist die Klinische Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe. Von den aktuell 18 Ober- und sieben Assistenz- und Stationsärzten und Ärztinnen verlassen bis Jahresende acht nahezu gleichzeitig die Station. "Personell droht ein Supergau“, berichten Mitarbeiter.
Fünf Oberärztinnen und Ärzte haben zeitgleich gekündigt, eine Medizinerin geht in Karenz, eine in Ruhestand und eine Assistenzärztin verlässt das Haus in Richtung Wien. Wegen des Personalstands auch im Bereich der Anästhesie gäbe des bereits jetzt lange Wartezeiten auf Planoperationen. Da Patienten mit Krebsdiagnose immer zeitnahe operiert werden, komme es häufig zu Verschiebungen von geplanten Eingriffen, heißt es.
30.000 Überstunden im Jahr 2025 ?
Der Stationsbetrieb und die Patientenversorgung könne nur mehr durch den massiven Einsatz von Überstunden aufrecht erhalten werden. Und genau hier beiße sich die Katze in den Schwanz, erklären betroffene Mediziner.
Das strenge Regulativ des Arbeitszeitgesetzes sorgt dafür, dass nur noch 35 Überstunden gemacht werden dürfen. Bei einem Jahresbudget des Uniklinikums Wiener Neustadt von 330 Millionen Euro gibt es den klaren Auftrag einzusparen - laut Vorgabe der Landesgesundheitsagentur (LGA) für 2025 rund vier Millionen Euro.
Allerdings haben sich 2023 alleine bei den Ärzten über 19.700 Überstunden mehr als geplant mit 1,28 Millionen Euro im Budget niedergeschlagen. Knapp 100.000 Überstunden waren veranschlagt, 119.000 sind es schließlich geworden.
Ändert sich personell nichts, sind für das Jahr 2025 bei den Ärzten statt 105.000 geplanten Überstunden schon knapp 135.000 prognostiziert, die geleistet werden "um den Betrieb aufrecht zu erhalten“, so die Kritiker. Es gibt bereits eine schriftliche Anordnung im Haus, die Überstunden einzuschränken.
Durch die Ausbildung der DPU-Studenten am Uniklinikum, müssen die Ärztinnen und Ärzte außerdem mehr Zeit in Lehre und Forschung investieren. "Deshalb ist man momentan am Limit, was die Patientenversorgung anbelangt“, schildert ein Oberarzt.
Suche nach einem neuen Team
Das Universitätsklinikum Wiener Neustadt bestätigt auf Anfrage des KURIER, dass bis Jänner eine Reihe von personellen Veränderungen an der Gynäkologie-Abteilung anstehen. Eine Oberärztin übernimmt beispielsweise das Primariat im Krankenhaus Oberpullendorf, sie werde von einer Kollegin begleitet.
"Die Entwicklung ist Teil der normalen Dynamik in einem Krankenhausbetrieb und bietet die Möglichkeit, das Team weiter zu optimieren und weiterzuentwickeln. Es gibt bereits entsprechende Nachfolgepläne für die frei werdenden Positionen“, heißt es seitens der Spitalsführung.
Wie man in der Chefetage betont, bleibe "die medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten dabei uneingeschränkt gewährleistet. Unser Ziel ist es, auch während dieser Umstellungsphase die höchste Versorgungsqualität aufrechtzuerhalten. Wartezeiten werden so gering wie möglich gehalten und OP-Kapazitäten effizient genutzt“.
Thema erreicht die Politik
Das heikle Kapitel hat diese Woche auch die politische Ebene erreicht. Die SPÖ brachte am Montag im Stadtparlament eine Resolution per Dringlichkeitsantrag ein. Darin wird die LGA aufgefordert, "dringend dafür zu sorgen, dass in allen Bereichen des Uniklinikums mehr Personal eingestellt anstatt abgebaut wird“.
Der Antrag hat keine Mehrheit gefunden, die Resolution sei absurd, meint der Gesundheitssprecher der ÖVP NÖ, Franz Dinhobl. "Seit 2021 steigt das Personal stetig an, um der wachsenden Versorgung gerecht zu werden. Insbesondere im Pflegebereich haben wir mit über 1.000 Vollzeitäquivalenten Ende 2023 einen absoluten Rekordstand erreicht. Der Personalstand im Uniklinikum Wiener Neustadt ist in den letzten drei Jahren um über 25 Prozent gestiegen.“
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