Albtraum Baustelle: Krimi um abgefackeltes "Horrorhaus“

Im Februar 2021 brannte das Horrorhaus nieder.
Ehepaar soll im Wienerwald den kaputten Neubau vernichtet haben.

Von den undichten Decken des Neubaus lief Wasser, an den Wänden wucherte der Schimmel. Der Keller war für die geplante Garagenabfahrt zu tief und das Einfamilienhaus entgegen der Baugenehmigung 14 cm zu hoch. Und zu allem Überfluss ging eine der Baufirmen in Konkurs. Zu dem Zeitpunkt hatte die vierköpfige Familie bereits 280.000 Euro in das – wie es ein Gutachter bezeichnet – „Katastrophenhaus“ gesteckt.

Aber reicht das aus, um zum Schwerkriminellen zu mutieren und das wenig traute Heim mit sieben Grillanzündern warm abzutragen, um die Versicherungssumme zu kassieren?

Nein, meint zumindest die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, die Anklage gegen den 58-jährigen Häuslbauer und seine 55-jährige Frau eingebracht hat – wegen Brandstiftung und versuchten schweren Betrugs.

Lichterloh

Es war am 22. Februar 2021 um 3.16 Uhr nachts, als in der Wienerwald-Gemeinde im Bezirk Mödling die Feuerwehrsirenen aufheulten. Ein nagelneues Holzriegelhaus stand lichterloh in Flammen. Wie später Brandermittler und Brandsachverständige feststellten, war das Feuer an sieben verschiedenen Stellen mittels Grillanzünder gelegt worden. Was als Grundlage für ein wunderbares Barbecue gereicht hätte, hat auch seine Wirkung bei dem Holzbau nicht verfehlt.

Die Ermittlungen des nö. Landeskriminalamtes brachten erstaunliches zu Tage: Im Hintergrund tobte ein monatelanger Konflikt zwischen den Auftraggebern und den zwielichtigen Firmen, die das Horrorhaus errichteten. Die beiden Beschuldigten hatten eine im Burgenland und Ungarn ansässige Firma mit der Errichtung des Holzriegelhauses für 398.112 Euro beauftragt.

Folgenschwere Patzer

Ein Blick in die öffentliche Datenbank der Bauherrenhilfe lässt begründete Zweifel an der Seriosität des Unternehmens aufkommen. Eine Sub-Firma patzte bereits bei Aushub und Errichtung des Fundaments gehörig. Die Holz-Fertigelemente wurden bei strömenden Regen aufgestellt.

Weil der Streit um die weitere Bezahlung eskalierte, weigerte sich die Firma, das Dach zu errichten – und es regnete kräftig weiter.

Als die Baubehörde bemerkte, dass der vermeintliche Bauunternehmer gar keine Konzession hatte, verfügte sie einen Baustopp.

Albtraum Baustelle: Krimi um abgefackeltes "Horrorhaus“

So sah das Haus nach dem Feuer aus

Motivlage

Die Auftraggeber sahen keine andere Möglichkeit, als einen Sachverständigen zur Baubegleitung einzusetzen. Sie verkauften einen Teil des Grundstücks für 180.000 Euro und beauftragten eine Firma für 177.000 Euro mit der Sanierung. Als sie 80.300 Euro davon angezahlt hatten und ein Teil erledigt war, ging der Betrieb in Konkurs. Spätestens dann fassten die Beschuldigten den Entschluss, das Haus in Brand zu setzen, heißt es in der Anklage.

„Völliger Blödsinn“, sagt der Rechtsanwalt des Ehepaares Michael Dohr. Er hat beim Oberlandesgericht Wien Beschwerde eingebracht und versucht die Vorwürfe zu entkräften. Die Anklage sei teils aktenwidrig. Als eines der Motive wird angeführt, dass das Paar quasi Pleite war und neben den Schulden nur über 20.000 Euro Barvermögen verfügte. In Wahrheit seien 170.000 Euro Reserve vorhanden gewesen.

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Rechtsanwalt Michael Dohr hat die Anklage zerpflückt.

Keine Zeugen

„Weder bei der Spurenauswertung noch bei den Grillanzündern gab es auch nur einen Hinweis, dass die Angeklagten mit dem Brand in irgendeiner Form zu tun hätten“, sagt Dohr.

Eine Funkzellenauswertung vom Handy des Beschuldigten zur Tatzeit ergab, dass die GPS-Funktion am Telefon abgedreht war. „Es wurde außer Acht gelassen, dass mein Mandant die Standortbestimmung oft deaktivierte. Das kann doch nicht als belastend gewertet werden“, sagt Dohr.

Und wie steht es mit einem Alibi? „Beide haben um 3 Uhr nachts geschlafen. Da gibt es selten Zeugen“.

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