Vier aktive Mitglieder des zehnköpfigen Richterkollegiums – Erhard Aminger, Gerald Leitner, Jutta Luntzer und Johann Muskovich – und die ehemalige Richterin Martina Handl-Thaller haben im Rahmen der Begutachtung des Entwurfs ausführlich Stellung bezogen.
Ein Auszug aus der Kritik:
Im Falle der Verhinderung von Präsidentin und Vize soll die Präsidentin ein Mitglied des Kollegiums mit Verwaltungsaufgaben betrauen können; die Vertretung stünde "im Belieben des Präsidiums". Bisher ist in einem solchen Fall automatisch das dienstälteste Kollegiumsmitglied eingesprungen.
"Verfassungswidrig"
Vollversammlungen, u. a. für Geschäftsverteilung (wer was macht) und Nachbesetzungsvorschläge zuständig, können auch per Video stattfinden. Die Richter beklagen, dass alle per Video zugeschalteten Mitglieder als anwesend und stimmberechtigt gelten sollen, "egal, ob (...) im Urlaub oder Krankenstand", das sei "verfassungswidrig". Weil für die Beschlussfähigkeit zwei Drittel des Kollegiums nötig sind, befürchten die Richter, die Präsidentin hätte es durch die "Art der Abhaltung der Vollversammlung in der Hand zu beeinflussen, ob diese überhaupt zustande kommt" und Anträge behandelt werden.
Schließlich interpretieren die Richter eine weitere geplante Änderung so, dass "die Präsidentin und der Vizepräsident in Hinkunft ihr Arbeitsausmaß selbst bestimmen können". Üblich sei, dass auch Präsidenten und Vizepräsidenten der Verwaltungsgerichte, die über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden befinden, "in erster Linie" in der Rechtssprechung tätig seien und nebenher verwalten, das habe auch Potetz‘ Vorgänger Manfred Grauszer so gehalten.
"Entbehrlich und peinlich"
Zudem erhielten Präsidentin und Vizepräsident ohnehin "im Österreichvergleich einzigartig" hohe Zulagen, die Präsidentin monatlich 2.644 Euro, der Vize die Hälfte. Der Präsidenten-Job am Verwaltungsgericht ist unbefristet und mit mindestens 7.100 Euro brutto dotiert.
Präsidentin Potetz-Jud war für den KURIER am Freitag nicht erreichbar. Vizepräsident Thomas Giefing sagte, es handle sich bei der Novelle um "Adaptierungen, die zum Funktionieren des Dienstbetriebs erforderlich sind" und in anderen Verwaltungsgerichten bereits Standard seien. Der frühere Präsident habe manches verabsäumt, deshalb gebe es nun "Aufholbedarf". Die Stellungnahme von Handl-Thaller hält er "für entbehrlich und peinlich".
Kommentare