Wie Burgenlands Bauern mit der Corona-Krise umgehen
Die Corona-Krise hat sein Leben verändert. Seit drei Jahrzehnten zieht Andreas Haider in der Nationalparkgemeinde Illmitz Spargel. So eine Saison wie heuer hatte er noch nie. „Es ist wie im Krieg“, sagt Haider.
Jahrelang hat er das begehrte Gemüse an die Gastronomie geliefert. Doch heuer sei dieser Absatzmarkt wegen des Shutdowns quasi von einem Tag auf den anderen weggebrochen. Zudem gab es Schwierigkeiten, Erntehelfer zu finden. „Wir haben schon überlegt, den Spargel gar nicht zu stechen.“
Doch dann habe er es sich anders überlegt und nach Lösungen gesucht. Nicht nur Ab-Hof wird das grüne und weiße Gemüse jetzt verkauft, Andreas Haider liefert den Spargel auch im ganzen Burgenland aus. 20.000 Kilometer ist er innerhalb von sechs Wochen gefahren – bis nach Güssing.
"Blaues Auge"
Einen Großteil, etwa 70 Prozent der Ernte, habe er verkaufen können. „Wir sind noch mit einem blauen Auge davon gekommen.“
Während Hauszustellungen vor Corona eher nur in der Weinbranche üblich waren, haben diese im gesamten landwirtschaftlichen Sektor zugenommen. „Dass die Betriebe jetzt ihre Produkte zustellen, das ist neu“, sagt Otto Prieler, Direktor der Landwirtschaftskammer Burgenland.
Die Landwirte seien sehr kreativ und würden ständig neue Wege beschreiten, sagt Prieler und nennt ein weiteres Beispiel. Ein Bauer aus dem Seewinkel, der sein Gemüse seit Jahren zu Märkten nach Wien liefert, konnte nach dem Lockdown seine Ware nicht mehr verkaufen. „Schlussendlich konnte er sein Gemüse an regionale Abnehmer liefern.“
Regionale Lebensmittel sind beliebt
Nicht klagen über’s Geschäft kann auch Michael Habeler aus Wiesen. Seit Ende April verkauft der Junglandwirt Erdbeeren, die Nachfrage nach den süßen Früchten ist heuer größer als sonst.
„Ich habe den Eindruck, dass die Konsumenten in der Corona-Krise stärker auf regionale Produkte zurückgreifen.“ Wirtschaftlich gesehen seien für ihn die Wetterextreme aufgrund der Klimaerwärmung eine größere Herausforderung.
Mehr Zusammenarbeit
Neu seien auch die zwischenbetrieblichen Kooperationen, die sich in den vergangenen Wochen gebildet hätten, sagt Prieler. Ein Beispiel dafür ist der Magdalenenhof in Kleinhöflein. Seit rund 300 Jahren macht und verkauft die Familie von Stefan Kaiser Wein. Jetzt werden am Weingut auch Gemüse, Aufstriche, Marmeladen, Spargel und Obst angeboten. Dafür arbeiten der Juniorchef und seine Frau Réka mit verschiedenen Bauern zusammen, die sie mit ihren saisonalen Produkten beliefern.
„Wir bieten einen kontaktlosen Verkauf. Unsere Kunden nehmen sich die Ware aus einem Kühlschrank und werfen das Geld in eine Kassa. Das funktioniert sehr gut“, sagt Stefan Kaiser. In ein paar Wochen bekommt er einen großen Automaten, in dem die Produkte zur Selbstbedienung angeboten werden. Das Sortiment wird ständig erweitert, demnächst auch um Milch, Eier und Käse. Eine „Win-win-Situation“ für alle Beteiligten, sagt Juniorchef Stefan Kaiser. Während sich die Kunden mit Lebensmittel eindecken, greifen sie dabei auch immer wieder gerne zu der einen oder anderen Flasche Wein.
Auch die Nachfrage nach Einkauf von Lebensmitteln in der virtuellen Welt wird immer größer. Andrea Pirecki und Jürgen Giefing – sie erstellen im Brotberuf Webshops und Homepages für andere – haben zu Beginn der Corona-Krise ihren eigenen Onlineshop ins Leben gerufen. Lebensmittel und Geschenkartikel von kleinen Anbietern aus dem Burgenland können via Internet bestellt werden. Pirecki und Giefing liefern die Waren – vorerst – im Bezirk Mattersburg und Oberpullendorf aus. Eine Erweiterung des Angebotes wird wegen des Erfolges bereits überlegt.
Niederschläge sorgen für Entspannung
Lange mussten die Landwirte im Burgenland auf Regen warten. Die Trockenheit habe vor allem dem Weizen zugesetzt, sagt der Direktor der Landwirtschaftskammer Burgenland, Otto Prieler. Zudem habe der Frost Ende März auch in so manchem Obstgarten große Schäden angerichtet. Betroffen sei vor allem Steinobst, also Marillen und Pfirsiche, aber auch Kirschen.
Auch Obstbauer Michael Habeler aus Wiesen hat bei seinen Marillenbäumen Ausfälle von bis zu 90 Prozent. Um seine Pflanzen vor Frost zu schützen, gedeihen seine Erdbeeren im Folientunnel. „Wir überlegen, ob wir nicht in Zukunft noch mehr Kulturen im Folientunnel ziehen werden“, sagt Habeler.
Aufatmen können nach den Niederschlägen Landwirte, die Soja, Zuckerrüben, Erdäpfel und Kukuruz angebaut haben, sagt Prieler.
Erleichtert ist man auch bei den Winzern, heißt es von Wein Burgenland. Die Regenschauer kommen gerade noch rechtzeitig, um größere Schäden an den Rebflächen zu vermeiden. „Denn in manchen Teilen des Burgenlands beginnen die frühen Sorten bereits zu blühen oder stehen kurz davor. Ausreichend verfügbares Wasser verhindert einen Trockenstress und garantiert perfekte Bedingungen für den wichtigsten Vorgang im Wachstum einer Pflanze, die Blütephase“, sagt der Geschäftsführer von Wein Burgenland, Georg Schweitzer.
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