Was die Industrie für Klein- und Mittelbetriebe der Region tut
Die Wiege der Unger Steel Group stand in Welgersdorf, wo Josef Unger senior 1952 eine kleine Schlosserei gegründet hat. Mehr als 70 Jahre und zwei Generationen später führt sein Enkel Matthias Unger ein weltweit agierendes Unternehmen, das als Komplettanbieter von Produktionswerken, Lagerhallen und Firmenzentralen fast unschlagbar ist.
Josef Unger junior hat die Firmenzentrale ins knapp zehn Kilometer entfernte Oberwart verlegt, wo heute nicht nur 400 der weltweit 1.600 Mitarbeiter beschäftigt sind, sondern wo immer noch sämtliche strategische Entscheidungen getroffen werden.
Stärker in eine Region eingebettet kann ein Industrieunternehmen kaum sein.
Dennoch staunte Matthias Unger über die Ergebnisse einer neuen Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts (IWI) im Auftrag der Industriellenvereinigung (IV) Burgenland. Anhand von 15 Leitbetrieben der burgenländischen Industrie wurde untersucht, wie Lieferanten, Dienstleister, Partner und Kunden in der Region und darüberhinaus von den ansässigen Großbetrieben profitieren.
"Wenn man einen Stein ins Wasser wirft, schlägt der Wellen", verdeutlicht IWI-Geschäftsführer Herwig Schneider: "Wir messen die Auswirkungen, bis sie nicht mehr messbar sind". Denn in modernen Volkswirtschaften sei "alles mit allem verknüpft“.
Was gemessen werden konnte: Die 15 Leitbetriebe haben 2023 einen Produktionswert von 2,38 Milliarden Euro erwirtschaftet, dazu kommen indirekte Effekte von 900 Millionen Euro bei Zulieferern aus der Region, macht in Summe 3,28 Milliarden Euro. Für ebenso belebenden Wellenschlag sorgt die Industrie bei Wertschöpfung (1,11 Milliarden Euro), Jobs (6.347) sowie Löhnen und Gehältern der Arbeitnehmer (610 Millionen Euro).
Nimmt man Zulieferer aus anderen Bundesländern hinzu, steigen die Kennzahlen noch einmal kräftig an: bei der Wertschöpfung etwa auf 1,78 Milliarden Euro und bei den Beschäftigten auf rund 11.600.
Man kann es auch so sagen: Ein Euro in der Produktion der 15 Leitbetriebe löst zusätzlich 1,09 Euro in der österreichischen Volkswirtschaft aus. Bei der Beschäftigung liegt der Multiplikator mit 2,65 noch höher.
Politik fremdelt mit Industrie
Was bedeutet das für Unger? Allein in den drei südburgenländischen Bezirken hat Unger Steel Geschäftsverbindungen mit 125 Betrieben und Dienstleistern - von der Bäckerei über den Installateur bis zu Gastronomen und Hoteliers. "Ich muss gestehen, mir war nicht bewusst, wie sehr wir mit der Region verschränkt sind", sagt der Unternehmer, der auch IV-Vizepräsident ist.
Aber auch Bund, Land und Gemeinden profitieren, denn die Leitbetriebe lösen auch Beiträge und Abgaben aus, wie 110 Millionen Euro Lohnsteuer, 100 Millionen Euro Gütersteuern und 20 Millionen Euro Kommunalsteuer.
Der Schluss, den IV-Präsidentin und "Neudörfler"-Chefin Heidi Adelwöhrer aus der Studie zieht: „Ohne unsere Leitbetriebe aus der Industrie geht es einfach nicht“. Ob das auch die (Landes)-Politik so sieht? Die Gesprächskanäle seien offen, die Wertschätzung der Politik für die Industrie vorhanden, aber mit Luft nach oben, meint die IV-Spitze.
Weniger Bürokratie und keine weiteren Abgaben und Steuern, so die bekannten Forderungen der IV. Im Burgenland kommt noch hinzu: "Keine Wettbewerbsverzerrungen" durch den Mindestlohn im Landesdienst von mittlerweile rund 2.300 Euro netto.
Noch eine letzte Zahl: Burgenlands Industrie trägt mit 28 Prozent den größten Teil zur heimischen Wertschöpfung bei. Wer aber verfolgt, wo sich burgenländische Politiker am liebsten vor der Kamera zeigen, könnte glauben, der Weintourismus würde wirtschaftliche Wunder wirken.
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