Warum der Bauer immer öfter zum Gastgeber wird
Viele Landwirte bestellen nicht nur die Felder und Riede, sie kümmern sich auch ums Frühstück und ihre Übernachtungsgäste. Urlaub am Bauernhof boomt, auch im Burgenland. 121 Betriebe bieten Gästen rund 1.800 Betten, die Auslastung war im Vorjahr und heuer trotz Corona-Pandemie und verkürzter Saison sehr gut, wie die Obfrau der Urlaub am Bauernhof-Betriebe Dorothea Jagschitz erklärt. Die meisten Betriebe im Burgenland sind unter Winzerhof gelistet – und die werden auch mehr. Neun Betriebe sind heuer bereits dazugekommen.
Die Familie Lichtscheidl aus St. Georgen bei Eisenstadt ist in diesem Jahr dazugestoßen. „Wir haben schon seit zehn Jahren einen Buschenschank und immer wieder überlegt, ob wir nicht auch Fremdenzimmer anbieten sollen“, sagt Martina Lichtscheidl. Während des Lockdowns 2020 fiel schließlich die Entscheidung, Zimmer zu errichten. „Wir haben das alte Dach des Stadls abgetragen und fünf Gästezimmer, einen Gemeinschaftsraum und eine Dachterrasse gebaut“, sagt Lichtscheidl. Seit Juli 2021 ist geöffnet – und die Buchungslage ist bisher gut.
Generell können sich die Betriebe nicht über mangelnde Nachfrage beschweren. Heuer kamen im Herbst viele Gäste aus Deutschland, aber auch aus Ungarn, der Slowakei und Tschechien.
Auch die heimischen Gäste haben das Urlaubserlebnis am Land öfter gebucht. „Der österreichische Gast entdeckte Österreich und das Burgenland als Urlaubsland für sich. Erstmals konnten beispielsweise im Nordburgenland Gäste aus dem Südburgenland und umgekehrt begrüßt werden. Diese positive Entwicklung gilt es in den nächsten Jahren aufrecht zu erhalten“, erklärt Nikolaus Berlakovich, Präsident der burgenländischen Landwirtschaftskammer.
Grüner Bericht. Österreichweit gibt es 9.895 Betriebe mit dem Angebot „Urlaub am Bauernhof“. In landwirtschaftlichen Betrieben stehen mit 113.764 Gästebetten rund elf Prozent des touristischen Bettenangebotes in Österreich bereit (laut Agrarstrukturerhebung 2010, die nur alle zehn Jahre stattfindet). 2020 wurde im österreichischen Tourismus aufgrund der Covid-19-Pandemie ein Nächtigungsrückgang von 35,9 Prozent (2019: +1,9 Prozent) verzeichnet, bei einem Bettenrückgang von 0,3 Prozent.
Die Zahl der Nächtigungen auf Bauernhöfen hat 2020 in der Kategorie „Privat am Bauernhof“ – bis zehn Betten, ohne Ferienwohnungen – coronabedingt um zwanzig Prozent abgenommen. Bei den Ferienwohnungen am Bauernhof betrug 2020 der Nächtigungsrückgang 18,6 Prozent. Damit hat sowohl bei den Zimmern als auch bei den Ferienwohnungen die Auslastung um etwa ein Fünftel abgenommen. Laut dem „grünen Bericht“ gilt, dass Zimmervermietung, Direktvermarktung oder Buschenschenken zusätzlich zur Landwirtschaft das Einkommen deutlich erhöhen.
Wichtige Einkommensquelle
Für viele landwirtschaftliche Betriebe werde die Diversifizierung der Einkommensquellen immer wichtiger. Egal ob Tierproduktion oder Ackerbau, die Einkommen in den vergangenen Jahren stagnierten (siehe Zusatzbericht). Hier sorgen Fremdenzimmer für einen wichtigen Umsatzbringer. „Jene Betriebe, die Urlaub am Bauernhof anbieten, verdienen rund 30 Prozent ihres Einkommens mit der Beherbergung“, weiß Jagschitz.
Die Werbung funktioniert, neben Weiterempfehlung durch Stammgäste und Katalogen wird auch das Internet immer wichtiger für die Betriebe. Im Jahr 2020 konnte der Landesverband von „Urlaub am Bauernhof im Burgenland“ 424.000 Zugriffe von Gästen auf seinen Webseiten verzeichnen, die sich über die Beherbergungsbetriebe informierten.
Auch nächstes Jahr planen bereits fünf weitere Betriebe im Burgenland, mit Urlaub am Bauernhof durchzustarten, weiß Jagschitz: „Es freut uns, dass die Betriebe von selbst auf uns zukommen und bei uns dabei sein wollen.“
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