Warum das Schilf am Neusiedler See bald brennen wird
So alt ist das Schilf rund um den Neusiedler See eigentlich noch gar nicht. Denn der Schilfgürtel, wie wir ihn heute kennen, begann sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts zu entwickeln und wuchs bis zum Beginn der Seeregulierung 1965 ständig an.
Der Schilfgürtel
180 Quadratkilometer umfasst der Schilfgürtel rund um Österreichs größten See. Damit ist er einer der größten Schilfbestände in ganz Europa
Der Nutzen
Schilfrohr wird als Dachdeckmaterial oder als Baustoff für Passivhäuser genutzt. Schilf nimmt dreimal mehr auf als vergleichbare Pflanzen und bietet zahlreichen Tieren den perfekten Lebensraum
Heute ist die Fläche von rund 180 Quadratkilometer einer der größten und bedeutendsten Schilfbestände Europas und Lebensraum für eine vielfältige Tier und Pflanzenwelt. Die Hälfte des Schilfs ist älter als 15 Jahre.
Feuer als Lösung
Zumindest die Vögel fühlen sich in zu altem Schilf aber gar nicht wohl, wie jetzt im Rahmen eines von der EU geförderten Projekts herausgefunden wurde. Das betrifft knapp ein Zehntel des gesamten Schilfbestandes rund um den Neusiedler See.
Nach 15 bis 20 Jahren verringert sich die ornithologische Bedeutung von Altschilfflächen laut Experten des WWF Österreich nämlich deutlich. Die Lösung dafür heißt: kontrolliertes Abbrennen.
Schutz der Natur auf Kosten der Natur also. Denn derzeit ist das Abbrennen von Schilf aus Luftreinhaltegründen verboten. Aber das aktuell oft praktizierte Niederwalzen von Altschilfbeständen ist nur eine Notlösung und laut WWF-Experte Bernhard Kohler „aus Sicht des Naturschutzes problematisch“.
Es sollte geprüft werden, „ob das früher praktizierte winterliche Abbrennen – bei dem keine Tiere zu Schaden kommen und das zu einem üppigen Nachwachsen des Schilfs im Frühjahr führt – nicht doch als Pflegeinstrument geeignet ist“. Wildes Drauflosbrennen wäre aber sicher keine Lösung, die Maßnahme müsse nach einem gut durchdachten Rotationsprinzip durchgeführt und die Nationalpark-Naturzone ausgenommen werden.
Das alte Schilf zu schneiden sei auch keine Möglichkeit, sagt Schilfschneider Markus Brunner. So wie er, will auch Matthias Grün, Geschäftsführer der Esterhazy Betriebe, die Nachhaltigkeit der Schilfernte sicherstellen. Für Naturschutz-Experte Michael Dvorak von Birdlife Österreich hätte die periodische Verjüngung des Schilfgürtels „sehr positive Folgen“ für den Vogelschutz.
Land will "schützen und nützen"
Unterstützung dabei gibt es vom Land, das mit dem Motto „Schützen und nützen“ bereits die Richtung vorgegeben hat. „Der Neusiedler See beherbergt eine einmalige Vogel- und Amphibienwelt und ist gleichzeitig Wirtschaftsfaktor in der Region“, sagt Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf.
Man wolle die vielfältigen Ansprüche unter einen Hut bringen. Erstmals gebe es dafür nun seriöse Daten, wie eine Flächenbilanz des Schilfgürtels, die einen Überblick über Alter und Struktur des Schilfs sowie über die Ausdehnung der Ernteflächen und die Lage von geschädigten und absterbenden Flächen gibt. Das Ziel sei, den Schilfgürtel zu erhalten.
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