Ungarn schließt Grenzen: Was derzeit gilt

Hungarian-Austrian is closed near Nickelsdorf
Ab Mitternacht sind die ungarischen Grenzen für Ausländer geschlossen. Die Verunsicherung in Österreich ist groß - wer ist davon ausgenommen?

In der Nacht von Montag auf Dienstag treten in Ungarn aufgrund der steigenden Infektionszahlen neue Einreisebestimmungen in Kraft. Ausländer dürften ab Mitternacht nicht mehr einreisen.

Der konkrete Wortlaut der Verordnung gilt nach dem ungarischen Regierungsbeschluss. Wie die Verordnung in der Praxis konkret umgesetzt wird, ist allerdings offen - Stichwort: 30-Kilometer-Regel für Berufspendler. Nach und nach sickerte allerdings durch, dass es zahlreiche Ausnahmen geben wird.

Der Korrespondent Ernst Gelegs sagte in der ZIB am Montagabend, dass es eine Ausnahmeregelung für Einreisende aus Tschechien gebe. "Ungarn unterscheidet offenbar zwischen Ausländer und Ausländer", sagte er. Aus Tschechien Einreisende würden laut Gelegs lediglich einen negativen Corona-Test vorweisen müssen und "rein geht's", für andere aus dem Ausland kommende gelte diese Ausnahme nicht. Hintergrund dürfte eine Beschwerde des tschechischen Premiers Andrej Babiš gewesen sein, auf die der ungarische Präsident Viktor Orbán dann mit jener Ausnahmeregel reagierte.

Ausnahmen soll es zum Beispiel auch für den Besuch von Sportveranstaltungen geben. Nicht aber zum Einkaufen oder für einen Besuch zum Zahnarzt. Aber davon später mehr.

Einigeder Ausnahmen erklärte am Montag der österreichische Außenhandelsdelegierte in Budapest, Jürgen Schreder, in einem Livestream auf Facebook.

Als große Hoffnung gilt, dass die verschärften Einreisebestimmungen vorerst nur im September gelten. "Wir hoffen, dass am 1. Oktober dieser Spuk wieder vorbei ist", sagt Schreder.

Ungarns Grenzen sind ab Mitternacht dicht - aber ...

Ihm stößt vor allem die zeitliche Befristung von 24 Stunden für Berufspendler sauer auf. "Das ist eine sehr drastische Maßnahme mit wirtschaftlichen Nachteilen auf beiden Seiten." Es gebe Bemühungen auf beiden Seiten, damit diese Regelung vielleicht noch fallen gelassen wird.

Innenminister Karl Nehammer versuchte indes zu beruhigen, es werde "so wie im Frühjahr" ablaufen (siehe ausführlich am Ende des Artikels): "Die aktuelle Situation ist für alle Seiten herausfordernd. Durch die Erfahrungen aus dem Frühjahr wollen wir ein sicheres und professionelles Grenzmanagement auch in der bevorstehenden Zeit ermöglichen. Im Interesse beider Länder soll insbesondere der Weg zur Arbeit oder der Güterverkehr über die Grenze rasch und unkompliziert erfolgen. Durch enge Abstimmung mit den ungarischen Behörden werden wir alles tun, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen.“

Was wir bisher wissen: Die Grenzen

Laut Landespolizeidirektion Burgenland wird der internationale Transitverkehr, also die Durchreise ohne Zwischenstopp in Ungarn, ausschließlich am Autobahngrenzübergang A4 bei Nickelsdorf möglich sein. Korridorlösungen wie im Frühjahr sind derzeit laut Polizei nicht angedacht.

Für Berufspendler, die maximal 30 Kilometer von der Grenze entfernt leben und arbeiten, gibt es Ausnahmen. Sie dürfen für die Dauer von maximal 24 Stunden einreisen.

Was sind die Folgen?

Zu möglichen Auswirkungen der Reisebeschränkungen lasse sich noch nichts sagen, hieß es von der Landespolizeidirektion. Man könne sich nur überraschen lassen, wie strikt die Ungarn ab Mitternacht kontrollieren und wie sich das auswirkt. Daher ergehe „der Appell an die Leute, es nicht zu versuchen, wenn man nicht einen triftigen Grund hat oder zu den Ausnahmen zählt“. Korridore, wie sie zuletzt im Frühjahr eingerichtet worden seien, seien derzeit „noch kein Thema“.

Einige Grenzenübergänge in der Nacht geschlossen

Die Öffnungszeiten der Grenzübergänge werden angepasst. Neben Nickelsdorf A4 werden nur Pamhagen, Klingenbach, Deutschkreutz, Rattersdorf, Schachendorf und Heiligenkreuz rund um die Uhr geöffnet sein.

Für die Grenzübergänge in St. Margarethen (5 bis 19 Uhr), Andau und Nickelsdorf Bundesstraße (5 bis 21 Uhr) wurden eigene Öffnungszeiten festgelegt. Ein Grenzübertritt ist nur zu diesen möglich.

Was gilt, wer testet, wo kann ich Ausnahmen beantragen

Für Ungarn gilt: Reisen sie aus dem Ausland ein, müssen sie automatisch in 2 Wochen Quarantäne. Diese endet, sobald 2 negative Testergebnisse innerhalb von 5 Tagen (mit 2 Tagen Abstand) vorgelegt werden. Das gilt auch für Ungarn gleichgestellte Ausländer, also für jene mit Meldekarte oder Doppelstaatsbürgerschaft.

Der Test muss beantragt werden, die zuständige Behörde richtet sich nach dem ungarischen Wohnort. Der Antrag dafür kann online gestellt werden. Auf der Homepage der ungarischen Gesundheitsbehörden findet sich auch eine Liste jener ungarischen Institute, deren Tests anerkannt werden.

Zusätzlich zu Kosten für den Test ist eine Verwaltungsgebühr von 3.000 Forint zu entrichten. Ob ein Test negativ oder positiv ist, erfährt man ebenfalls auf einer Homepage oder per E-Mail.

Das gilt für Pendler und Betriebe

Berufspendler dürfen die Grenzen passieren. Allerdings nur dann, wenn sie ihren Wohn- beziehungsweise Arbeitsplatz im Umkreis von 30 Kilometer der Grenze haben. Das gilt sowohl für Österreicher als auch für Ungarn. Außerdem ist der Aufenthalt im jeweils anderen Land auf 24 Stunden beschränkt.

Dazu benötigt man allerdings ebenfalls ein Formular, das man sich online besorgen muss.

Sondergenehmigungen für den Ausnahmefall kann man ebenfalls online auf der Homepage der ungarischen Polizei beantragen. Aus Erfahrungen im Frühjahr weiß man aber, dass diese nur sehr selten erteilt werden. Als Ausnahme gilt zum Beispiel, wenn man im Zuge eines behördlichen Verfahrens nach Ungarn muss. Zum Beispiel im Fall einer Gerichtsverhandlung.

Übrigens: Wird eine Sondergenehmigung erteilt, muss man trotzdem für 2 Wochen in Quarantäne. Diese kann entfallen, wenn 2 negative Testergebnisse mit 2 Tagen Abstand vorgelegt werden. Anerkannt werden nur Tests, die von ungarischen Instituten durchgeführt werden. Hier finden Sie eine Liste davon.

Mitarbeiter von Unternehmen, die sowohl in Österreich als auch in Ungarn einen Standort haben, dürfen die Grenze im Zuge von Geschäftsreisen passieren.

Ausnahmen gelten auch für Militärkonvois, diplomatische oder offizielle Reisen oder den Besuch von Sportveranstaltungen unter Einhaltung von strengen Regeln.

Auch ungarische Schüler, die in Österreich zur Schule gehen, werden um eine Ausnahmegenehmigung ansuchen müssen. Diese kann unter diesem Link beantragt werden.

Nehammer beruhigt: "Wie im Frühjahr"

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) versuchte am Montag zu beruhigen. Das Grenzmanagement werde „so wie im Frühjahr - durch Ausnahmeregelungen und enge Abstimmung - ablaufen“, teilte er in einer Aussendung nach einem Telefonat mit seinem ungarischen Amtskollegen Sandor Pinter am Montag mit.

Insbesondere der Weg zur Arbeit oder der Güterverkehr über die Grenze sollten rasch und unkompliziert erfolgen, erklärte Nehammer weiter. „Falls es zu einzelnen Problemen oder Schwierigkeiten kommt, werden diese auf kurzem Wege zwischen den Ministern oder durch die Polizeichefs geregelt.“

Die Industriellen Vereinigung (IV) hatte zuvor Kritik an der Maßnahme des Nachbarlands geübt. „Wir sehen uns mit einer potenziellen Belastung für die heimischen Unternehmen konfrontiert - und das in wirtschaftlich ohnehin sehr herausfordernden Zeiten“, hielt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung fest.

Wirbel um 30-Kilometer-Regelung für Pendler

Er forderte ein Nachschärfen bei der Reglung für Pendler. Diese sieht laut der ungarischen Verordnung vor, dass nur Pendler aus dem Umkreis von 30 Kilometern nach Ungarn einreisen und sich dort maximal 24 Stunden aufhalten dürfen.

Kommentare