Thomas Steiner: „G’mahde Wiesn gibt es nur im Schlosspark“
KURIER: Wir befinden uns im 4. Lockdown – was hat Corona Eisenstadt bisher gekostet? Thomas Steiner: Unser Maßnahmenpaket für Unternehmen und Bevölkerung war wichtig und richtig. Aber die 500.000 Euro fehlen in der Stadtkasse. Auch die Ertragsanteile sind gesunken. Die 700.000 Euro für die Covid-Teststraßen wurden vom Bund großteils ersetzt.
Wie das? Das Land bekommt heuer sogar um 40 Millionen Euro mehr Ertragsanteile vom Bund.
Brutto hätten wir auch mehr bekommen, aber das Land behält sich mehr als die Hälfte ein, sodass uns netto weniger bleibt. Aus den beiden Kommunalinvestitionspaketen des Bundes haben wir rund drei Millionen Euro erhalten, das war extrem wichtig für die Liquidität. Vom Land gab’s nichts.
Im Corona-Krisenmanagement steigt das Land aber besser aus als der Bund, die Impfquote ist viel höher, die Inzidenz niedriger.
Die Inzidenz ist kein wirklicher Parameter. Die Impfquote ist super, aber das ist keine Leistung der Landesregierung, sondern liegt am Verantwortungsbewusstsein der Burgenländer. Wir hätten die jetzige Impfquote auch ohne die Lotterie erreicht.
Sind Steirer, Niederösterreicher und andere weniger verantwortungsbewusst?
Vielleicht sieht man in anderen Bundesländern die Notwendigkeit der Solidarität nicht so stark. Im Burgenland haben Regierung und 99 Prozent der Bürgermeister auf die Bevölkerung eingewirkt. Das ist ein gemeinsamer Erfolg.
Sie wurden jüngst in St. Pölten zum Vizepräsidenten des österreichischen Städtebunds gewählt. Haben Sie sich mit dem St. Pöltner SPÖ-Bürgermeister Stadler ausgetauscht? St. Pölten ist ein rotes gallisches Dorf im tiefschwarzen NÖ, Eisenstadt ein schwarz-türkises Bollwerk im roten Burgenland ...
(Lacht) Nicht in dieser Frage. Aber ich verstehe mich mit Stadler sehr gut und auch mit dem Wiener SPÖ-Bürgermeister und Städtebund-Präsident Michael Ludwig. Im Städtebund geht es nie um Parteipolitik, sondern wie wir Kommunen noch besser aufstellen können. Städte bieten Lebensqualität, dafür brauchen sie die finanzielle Basis.
Eisenstadt gehört zu Wiens Speckgürtel und ist als Wohnort attraktiv. Um ungezügeltes Wachstum zu verhindern, wurde im Oktober 2020 für die halbe Stadt eine zweijährige Bausperre für neue Projekte verhängt. Und dann?
Wir werden in der nächsten Gemeinderatssitzung den Baustopp um ein weiteres Jahr verlängern. Inhaltlich sind wir mit dem Bauzonenplan schon sehr weit, es braucht aber noch rechtliche Grundlagen. Ziel ist, die Stadt in unterschiedliche Bauzonen einzuteilen, wo Unterschiedliches gebaut werden darf: In Einfamilienhaus-Gebieten soll es strengere Regeln für die Anzahl der Wohneinheiten auf einer bestimmten Fläche geben als dort, wo verdichtet gebaut werden darf. Dann weiß jeder, was wo geht. Und wer schon wo wohnt, weiß, was in seiner Nachbarschaft gebaut werden könnte.
Verdichteter Wohnbau wird weiterhin vor allem im Süden der Stadt möglich sein?
Im Wesentlichen, ja. Aber auch die Innenstadt ist verdichtet, verdichteter als im Zentrum einer Stadt geht’s ja gar nicht. Natürlich wird auch dort auf die Dimensionen geachtet und die straßenseitigen Fassaden müssen ins historische Ensemble passen.
Sollen mehr Menschen in der Innenstadt wohnen?
Es könnten schon mehr sein. Mehr Wohnbevölkerung bedeutet mehr Frequenz und Stärkung der Innenstadt. Hotel und Wohnungen von Esterhazy in Schlossnähe werden nächstes Jahr eine weitere Belebung bringen.
Am unteren Ende der Fußgängerzone steht das Hotel Burgenland seit Frühjahr 2020 leer. Wissen Sie, was der neue Eigentümer vorhat?
Ich hoffe, es bleibt ein Hotel. Gemeinsam mit dem neuen Esterhazy-Hotel wären wir dann gut aufgestellt.
Die Wohnungen von Esterhazy sind für Eisenstadt ziemlich hochpreisig, werden die auch bewohnt oder dienen sie als Anlageobjekte?
Bewohnt, hoffe ich.
Unweit davon plant Esterhazy auf den Meierhof-Gründen ein neues Projekt. Fällt das unter die Bausperre? Nein, aber es wird vom Bauzonenplan erfasst. Es geht um Höhe, Verdichtung und Optik. Zwischen Schlosspark und jüdischem Viertel kann man nicht irgendwas hineinbauen. Ich glaube nicht, dass dort so schnell gebaut wird, mir ist kein eingereichtes Projekt bekannt.
Esterhazy ist ein mächtiger Player – zu mächtig?
Esterhazy ist im ganzen Land ein wichtiger Player. Ich bin dankbar für viele Initiativen rund ums Schloss – Restaurant Henrici, Vinothek und jetzt Hotel und Wohnungen. Das sind gewaltige Investitionen, die auch der Stadt zugutekommen. Das Verhältnis zu Esterhazy ist traditionell sehr gut, ein sehr konstruktives und professionelles Miteinander.
Keine Landeshauptstadt liegt näher bei Wien als Eisenstadt, die direkte Bahnverbindung fehlt weiterhin.
Aus Kleinhöflein ist man schneller in Müllendorf als am Eisenstädter Bahnhof. Und von Müllendorf gibt es eine direkte Verbindung nach Wien. Mit dem Geld für die geplante Schleife bei Wulkaprodersdorf könnte Eisenstadt einen kurz getakteten Busverkehr zum Bahnhof Müllendorf anbieten. Das würde auch den Bodenverbrauch verhindern.
Soll die Pkw-Zufahrt ins Zentrum beschränkt werden?
Die Zufahrt ist eingeschränkt – durch die Fußgängerzone. Es braucht gewissen Autoverkehr, aber er muss verträglich und sicher sein. 80 Prozent der Gemeindestraßen sind 30er-Zonen. Und wer sein Auto auf einen Tagesparkplatz stellt, fährt gratis mit dem Stadtbus. Man kann viel zu Fuß oder mit dem Rad erledigen. Ich will die Stadt nachhaltiger und ökologischer machen.
Thomas Steiner wird zum Grünen?
Ich war schon ein Grüner, da gab’s bei uns noch gar keine Grün-Partei.
Sie stellen sich im Herbst 2022 zum dritten Mal der Bürgermeister-Direktwahl, eine g’mahde Wiesn?
G‘mahde Wiesn gibt es nur im Schlosspark. Jede Wahl hat eigene Gesetze, man kann Stimmungen nie vorhersagen.
Einen Umsturz wie in Graz wird es nicht geben, zumal die KPÖ in Eisenstadt zuletzt gar nicht kandidiert hat?
Das hoffe ich. Graz ist ein warnendes Beispiel, nie die Bodenhaftung zu verlieren.
Wenn Sie gewählt werden, bleiben Sie bis 2027?
Selbstverständlich.
Gibt es noch ein Amt, das Sie anstreben – noch einmal ÖVP-Landeschef?
Was ich nicht ausschließen kann, dass ein Amt auf mich zukommt, wo ich mir denke, das würde ich gerne machen. Sicher ausschließen kann ich, dass ich nochmals ÖVP-Landesobmann werde, weil ich den jetzigen Obmann für einen guten halte und ihn unterstütze, die SPÖ-Absolute 2025 zu beenden.
Warum findet die ÖVP seit 60 Jahren niemanden mehr, der die SPÖ schlagen kann?
Das kann ich auch nicht beantworten. Der SPÖ ist es aber gelungen, über Jahrzehnte Abhängigkeiten zu schaffen.
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