Sebastian Jud: „Ich musste mich nie zum Training motivieren“
Im Juni machte Sebastian Jud seine Entscheidung, dem professionellen Snowboard-Sport den Rücken zu kehren, publik. Das hatte mehrere Gründe.
Einerseits traf ihn eine Corona-Erkrankung während der Saison überraschend hart. „Das hat mich drei Monate zusammengehaut. Ich war nach einem Lauf komplett kaputt. Das war der Grund für meine schlechte Saison“, ärgert sich Jud. Der sonst komplett durchtrainierte Sportler musste nach jedem Training ordentlich schnaufen.
Die Kondition kam erst nach Monaten wieder zurück, der Ärger über Leistungen unter den eigenen Erwartungen blieb. Der andere Grund war die finanzielle Situation. „Seit der Pandemie ist es sehr schwierig, Sponsoren zu finden“, erklärt er.
Er habe sich seine Rennen immer selbst finanziert, das sei aber nicht mehr möglich gewesen. Sponsoren mussten währen der Pandemie besonders auf ihre Ausgaben achten und Sponsorings waren nicht mehr so leicht zu bekommen.
„Mit 26 Jahren kann man die Sportsaison nicht immer von Luft und Liebe finanzieren“, so Jud. Bis 2019 war er noch Heeressportler.
„Bereue gar nichts“
Nach einer fordernden Ausbildung im Skigymnasium Stams (Tirol) folgte das frühe Ende einer hoffnungsvollen Karriere. Mit acht Jahren fuhr Sebastian Jud, an der Seite seines Bruders Florian, sein erstes Rennen. „Uns hat der Sport so gefallen. Wir haben dann in allen Altersklassen alles zerstört, weil wir so gut waren“, erinnert sich der Sportler.
Die körperliche und zeitintensive Ausbildung bereut der Mühlgrabener keineswegs: „Ich bin drei Mal so belastungsfähig wie andere Menschen, ich sehe das täglich bei der Arbeit.“ Aktuell hilft er beispielsweise bei Veranstaltungen als Kellner aus oder beim Aufbau des Geländes. „Weil es mir gefällt“, wie er ergänzt.
Denn mittlerweile ist Sebastian Jud offiziell beim Österreichischen Skiverband (ÖSV) als Nachwuchskoordinator aktiv. In dieser Rolle ist er für den Snowboard-Nachwuchs in ganz Österreich zuständig und agiert im Europacup als Co-Trainer. Vier Nachwuchszentren will der ÖSV in Österreich aufbauen und so mehr Menschen zum Spitzensport bringen.
„Wir haben ein Nachwuchsproblem“, erklärt Jud. Früher hätten private Investoren Rennen organisiert und finanziert. „Jetzt müssen wir die Leute dazu motivieren. Wir wollen Strukturen schaffen“, erklärt der Südburgenländer. In den Sommermonaten ist Jud als Athletiktrainer im Nachwuchs tätig. „Ich bin dem Verband zum Glück erhalten geblieben“, freut er sich.
Der Biss blieb
Eines hat er auch nach seinem Karriereende nicht verloren: den Biss. „Im Spitzensport heißt es nicht ,bitte mach das, wenn es geht‘, sondern ,das war scheiße‘. Da geht es immer um Kleinigkeiten, die man falsch macht. Je höher es raufgeht, desto eher muss man mental fit sein. Da brauchst du den kompletten Biss“, so Jud. In der Spitzenklasse hätten alle Sportlerinnen und Sportler eine perfekte Technik und der kleinste Fehler entscheide.
Zusätzlich zum Job bildet er sich fort. Sein Masterstudium „Business Administration & Sport“ an der FH Burgenland steht kurz vor dem Abschluss. Eigentlich wäre schon alles erledigt, ihm sei jedoch der Laptop mit Grafiken und Daten gestohlen worden: „Das hat mich ein Monat zurückgehaut.“
Aktiv im Fußballverein
Zum Training musste sich Sebastian Jud übrigens nie motivieren: „Das war schon ein Knochenjob. Jeden Tag zwei Einheiten bis Samstag. Das muss man mögen.“
Seine acht Rennbretter hat er mittlerweile schon verkauft. Zum Spaß hüpft er im Winter dennoch auf das Snowboard. „Ich bin weiter auf den Bergen daheim und brauche jeden Tag Sport“, erklärt der Mühlgrabener.
Deshalb engagiert er sich auch bei seinem heimischen Verein SV Mühlgraben. Wenn es sich ausgeht, dann hilft er als Kicker in der Reservemannschaft aus. Auch das Training geht sich ab und zu noch aus. Sein Bruder Florian ist Sportlicher Leiter, Sebastian Obmann-Stellvertreter. Ob es einmal für die Kampfmannschaft reichen wird? Die Fitness dazu hätte Sebastian Jud jedenfalls.
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