Nach Anzeige: Sperrstunde für Selbstbedienungsläden

Nach Anzeige: Sperrstunde für Selbstbedienungsläden
24-Stunden-Verkauf darf nur mit eigenen Produkten stattfinden – Direktvermarkter sehen Existenz bedroht

Rund um die Uhr frische Produkte aus der Region zu kaufen liegt im Trend. Zahlreiche Landwirte sind auf die Direktvermarktung aufgesprungen und haben ihre eigenen Selbstbedienungsläden eingerichtet. Doch mit der ständigen Verfügbarkeit von regionalen Schmankerln ist jetzt Schluss – sobald ein zusätzliches Produkt, das nicht selbst hergestellt wurde, im Regal liegt.

36.000 Betriebe
 So viele haben  neben ihrer Landwirtschaft auch eine Direktvermarktung in Österreich    

Direktvermarktung
 Landwirte dürfen ihre eigenen Produkte, die mit ihrem Namen gekennzeichnet sind, auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung verkaufen. Somit fallen sie nicht in die Gewerbeordnung und das Öffnungszeitengesetz

Handel
Sobald Landwirte Produkte nicht selbst herstellen, sondern nur weiterverkaufen, fallen diese ins Gewerberecht 

Wettbewerb

Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb hat den Gemüsebauern Hans Goldenits aus Tadten im Nordburgenland angezeigt und ihm mit einer Klage gedroht. Er biete in seinen Hofläden und neun Selbstbedienungscontainern im Burgenland und in Niederösterreich auch Produkte von anderen Herstellern an. Dadurch fallen seine Shops ins Gewerberecht, er müsse sich deshalb an das Öffnungszeitengesetz halten. „Unser Fortbestand ist bedroht. Wenn es keine Änderung gibt, werden wir sicher zusperren müssen“, sagt Goldenits im KURIER-Gespräch. Seine Geschäftsidee sei auf die 24 Stunden Öffnungszeit angewiesen, rund ein Viertel des Geschäfts machte er in jener Zeit, in der er jetzt geschlossen haben muss. Er ortet einen Kahlschlag bei den bäuerlichen Direktvermarktern in ganz Österreich. Denn die wenigsten von ihnen hätten ausschließlich eigenen Produkte im Angebot, um am Markt bestehen zu können seien zusätzliche Produkte essenziell. Nicht einmal die Äpfel vom Nachbarbetrieb dürfen demnach verkauft werden.

„Die Gesetzeslage ist klipp und klar und anscheinend fehlt der politische Wille“, sagt Goldenits. Auch der Zeitpunkt, „da gerade Lebensmitteleinzelhändler auf die Schiene der Selbstbedienungsläden aufspringen“, ist für Goldenits nicht zufällig: „Bisher hatte die Bauern niemand auf dem Schirm.“ Rechtliche Schritte will der Landwirt nicht riskieren. Bei seinen Kollegen habe die Anzeige jedenfalls für Aufsehen gesorgt. „Bei mir läutet ständig das Telefon, weil sich so viele Kollegen melden“ sagt Goldenits. Mit einer Lösung rechnet er allerdings nicht.

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Kritische Situation

„Anzeigen hatte es schon im Vorjahr in Osttirol und in Kärnten gegeben“, erzählt Martina Ortner, Direktvermarktungsexpertin in der Landwirtschaftskammer. „Es gibt 36.000 Direktvermarkter. Wie viele davon einen Selbstbedienungsshop betreiben, haben wir noch nicht erhoben. Seit der Pandemie ist die Zahl aber mit Sicherheit gestiegen“, sagt Ortner.

Grundsätzlich sei die Landwirtschaftskammer mit den Freiheiten der Bauern bei der Direktvermarktung zufrieden. „Aktuell laufen Gespräche, welche Punkte noch verhandelt werden sollen“, meint Ortner.

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Astrid Eisenkopf sieht den Bund in der Pflicht das Gesetz für die bäuerlichen Direktvermarkter zu ändern

Rechtliche Frage: Bund oder Land für Ausnahmeregelung zuständig? 

In der Diskussion um die Öffnungszeiten für Selbstbedienungsläden bäuerlicher Direktvermarkter sieht Landeshauptmann-Stellvertreterin  Astrid Eisenkopf (SPÖ) den Ball bei der Bundespolitik: „Beim Öffnungszeitengesetz handelt es sich  um ein Bundesgesetz. Insofern ist hier auch  die Bundesregierung gefordert, eine Lösung im Sinne der bäuerlichen Kleinvermarkter zu präsentieren.“ Die derzeitige gesetzliche Regelung schütze Großkonzerne und ziele nicht auf die Forcierung kleinstrukturierter Landwirtschaft und bäuerlicher Direktvermarkter ab, meint sie. „Wenn wir mehr Regionalität und Bio haben wollen, brauchen wir auch die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen“, so Eisenkopf.

Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es dazu allerdings: „Sollte es ein örtliches Bedarfsproblem  geben, dann bietet das Öffnungszeitengesetz  schon jetzt eine Lösung: Der Landeshauptmann kann bei besonderem regionalen Bedarf Ausnahmen per Verordnung festlegen.“ Eisenkopf kontert, der Landeshauptmann könne nur bei besonderem regionalem Bedarf  und unter sehr eng definierten Voraussetzungen Abweichungen verordnen – für Verkaufsstellen, bei denen ausschließlich Obst und Gemüse angeboten wird, was  bei Hans Goldenits nicht der Fall ist. Auch dürfe die Gesamtoffenhaltedauer nicht mehr als  72 Stunden pro Woche betragen.    
 

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