Ladendiebe werden dreister und auch handgreiflich

Ladendiebe werden dreister und auch handgreiflich
Auch in Zeiten der Pandemie sind Ladendiebe unterwegs. Eine Detektivin schildert aus ihrem Berufsalltag.

Mit einem Plastiksackerl und einem Entsicherungshaken sind die beiden Männer in ein Kleidergeschäft im Bezirk Neusiedl am See gekommen. Einer sucht hochpreisige Stücke zusammen, deponiert sie in einer Ecke.

Kurz darauf kommt sein „Kollege“. Er entfernt die Diebstahlsicherung mit dem Haken und steckt die Ware in das Sackerl. Bezahlt werden die Kleider nicht.

Berufsdetektivin Karin L. (Name geändert) folgt dem Duo und stellt sie zur Rede. Beide leugnen die Tat. Erst als sie den Männern erklärt, dass sie eine Videoaufzeichnung hat, versuchen sie L. zu überzeugen, nicht die Polizei zu verständigen.

Doch das hat sie längst getan.

An der Tagesordnung

Das ist kein Einzelfall. „Die gewerbsmäßigen Diebstähle stehen nach wie vor an der Tagesordnung“, sagt Andreas Schweitzer. Der Jurist war jahrelang selbst als Berufsdetektiv in Einkaufszentren im Einsatz. Heute ist Schweitzer Präsident des Österreichischen Detektiv-Verbandes.

Als Berufsdetektiv ist der Wahlburgenländer nicht mehr im Einsatz, dafür verteidigt er als Anwalt unter anderem Ladendiebe. Mit Ausreden brauchen ihm seine Klienten nicht kommen – Schweitzer kennt sämtliche Tricks durch seinen früheren Brotberuf ganz genau.

Auch wenn die Ladendiebstähle nicht weniger werden, so sei die Aufklärungsquote in dem Bereich „dank der Polizeiarbeit und deren guter Zusammenarbeit mit den Detektiven“ gestiegen, sagt Schweitzer.

Millionenschaden

Zwischen 500 und 800 Millionen Euro beträgt der volkswirtschaftliche Schadens des Ladendiebstahles laut Wirtschaftskammer (WKO) pro Jahr in Österreich. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung sei auch der Internetbetrug im Steigen, sagt Roman Seeliger, Geschäftsführer der Bundessparte Handel in der WKO. Dabei werden u. a. unter fremden Namen und fremder Adresse Waren bestellt.

Der klassische Ladendiebstahl habe sich „auf hohem Niveau eingependelt“.

Werkzeug für Coups

Die Vorgehensweisen der Kriminellen in den Geschäften ist sehr unterschiedlich, weiß Detektivin L., die für die Detektei Hock & Steininger im Einsatz ist. In Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten sind sie und ihre 14 Kollegen Ladendieben auf der Spur.

Die „Ausrüstung“ für deren Coups sei stets am neuesten Stand und reiche von Magneten über Störsender bis zur Alufolie zum Präparieren der Diebstahlsicherungen.

„Leider sind die unehrlichen Kunden nicht mehr so einsichtig wie früher und sind immer öfter gewaltbereit“, sagt L.

Erschwerend komme laut der Detektei hinzu, dass den Unternehmen aufgrund der Coronakrise immer weniger Budget zur Verfügung stünde, „um den ansteigenden Inventurdifferenzen“ entgegenzuwirken.

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