Kritik an Pflegeheim: "Die Mutti bringt uns nichts zurück"
Die Burgenländische Pflegeheim-Betriebs GmbH ist Teil der Landesholding und betreibt drei Pflegeheime, darunter jenes in Neudörfl. Das Haus – so steht‘s auf der Homepage – „zeichnet sich durch außerordentlich hohe Qualität“ bei pflegerischer und medizinischer Versorgung aus; Angehörige sehe man als „Partner“.
Eine Familie aus dem Nordburgenland sagt, sie habe anderes erlebt. „Das sind wir der Mutti schuldig“, begründet die Tochter, warum sie und ihr Mann sich an den KURIER wenden.
Die an Leukämie erkrankte, demente Mutter starb am 21. August im 91. Lebensjahr im Krankenhaus Wiener Neustadt. Was in den sieben Monaten davor im Pflegeheim Neudörfl passiert ist, wühlt die Familie so auf, dass sie die Patientenanwaltschaft einschalten will.
Nach Neudörfl war die Patientin im heurigen Jänner nach der Pleite des Pflegeheims Rosengarten in Bad Sauerbrunn gekommen. Im Rosengarten wurde die Mutter bestens betreut, habe sogar drei Corona-Infektionen überstanden und noch selbst gehen können, erzählt die Tochter.
Sie hat ihre Mutter zuvor daheim gepflegt – sieben Jahre lang.
Landesgesellschaft
Die Burgenländische Pflegeheim-Betriebs GmbH betreibt drei Pflegeheime, die 2022 von der Vamed übernommen wurden.
Die Heime in Oberpullendorf, Rechnitz und Neudörfl haben 265 Mitarbeiter und 300 Pflegeplätze
2019 wurde Pflegeplan beschlossen und das Land startete den Umbau stationärer und mobiler Pflege in Richtung Gemeinnützigkeit
In Neudörfl habe man den Eindruck gewonnen, dem Personal lästig zu sein. „Wir wurden abgeschasselt. Besuche und Nachfragen schienen unerwünscht.“
Umzug war kein Segen
Anders als im Rosengarten sei es abgelehnt worden, eine Vertrauensärztin zur Mutter zu schicken. Erst nach dem Tod habe es geheißen: „Ihr hättet eh einen Arzt beiziehen können“, ärgert sich die Tochter. Die fürs Heim zuständige Ärztin sei für die Angehörigen kaum greifbar gewesen.
Später fiel der Tochter auf, dass die Mutter sehr viel nasse Wäsche hatte. „Als wäre sie ausgeronnen.“ Im Heim habe man gesagt, die Mutter trinke halt viel.
Stutzig wurden die Angehörigen auch, als die alte Dame schon um drei Uhr nachmittags einen Pyjama anhatte. Von Pflegern habe man gehört, dass es wenig Personal gebe.
Insgesamt sei die Mutter immer lethargischer geworden und habe kaum noch selbstständig gehen können. „Einmal ist sie wie eingeraucht im Sessel gesessen“, erinnert sich ihr Schwiegersohn.
Am 18. August kam die Mutter wegen „Fieber und Atemnot“ ins Spital, die Angehörigen wurden vom Heim verständigt. Am 21. August starb sie.
Was das Fass für die Familie zum Überlaufen brachte: Unter dem Berg an Medikamenten, die man nach dem Tod vom Heim ausgehändigt bekam, seien manche nicht in der Medikamentenliste gestanden, etwa entwässernde Tabletten. Dass die Mutter solche nehmen musste, habe sie gar nicht gewusst, beklagt ihre Tochter, die auch Erwachsenenvertreterin der Verstorbenen war.
Was das Land zu all dem sage, wollte der KURIER vom zuständigen Soziallandesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) wissen – und bekam die Antworten von „Landesanwalt“ Johannes Zink.
Land sieht keine Fehler
Die Pflegeheim Betriebs GmbH habe „sämtliche rechtlichen und medizinischen Vorgaben stets eingehalten“. Medikationen und Anpassungen an den aktuellen Gesundheitszustand „unterliegen ausschließlich ärztlicher Anordnung“. Eine detaillierte Information zu jeder notwendigen medikamentösen Änderung „ist nicht vorgesehen“ und die jeweils aktuelle Medikamentenliste werde der Erwachsenenvertretung auf Anfrage ausgehändigt. Auch abgesetzte Medikamente könnten bei den retournierten dabei gewesen sein.
Der Personalschlüssel sei fast „übererfüllt“, die Besetzung (auch nächtens) „stets gewährleistet“.
Pyjama wegen der Hitze
Aufgrund der Hitzewelle gebe es „nach Absprache mit den Bewohnern“ die Möglichkeit, „zeitiger zum Ruhen ins Bett zu gehen“, per Aushang habe man auch Besucher darüber informiert. Die praktische Ärztin komme „zweimal wöchentlich und im Anlassfall“, auch einen Psychiater könne man konsultieren.
„Die Mutti bringt uns nichts mehr zurück“, sagt die Tochter. „Wir tun das auch für andere Bewohner und Angehörige, die sich nichts zu sagen trauen.“
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