In elf Gemeinden auf den Spuren jüdischen Lebens
Es ist eine Reise in vergangene Zeiten, zu der die Burgenländische Forschungsgesellschaft (BFG) morgen, Sonntag, lädt. Von Kittsee bis Güssing wird der „Europäische Tag der jüdischen Kultur“ auch im Burgenland begangen. Die BFG lädt unter dem Motto "Dialog" in elf Orten mit jüdischer Vergangenheit zu Veranstaltungen. Involviert sind u. a. regionale Partner und lokale Gedenkinitiativen.
„Ziel ist es, die reichhaltige und vielfältige jüdische Kultur in Vergangenheit und Gegenwart einem interessierten Publikum nahe zu bringen und damit einen Beitrag zum interkulturellen Zusammenleben auf lokaler und globaler Ebene zu leisten“, sagt Michael Schreiber, Historiker bei der BFG. Gleichzeitig, so Schreiber, gehe es auch darum, „rassistischen und antisemitischen Tendenzen innerhalb und außerhalb Europas entgegen zu wirken“.
Dass solche Initiativen wichtig sind, belegt wohl auch die aktuelle Bilanz der in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) eingerichteten Meldestelle des ersten Halbjahres: Demnach wurden von Jänner bis Juni 562 Vorfälle jeglicher Art registriert. Die Zahl der gemeldeten antisemitischen Übergriffe hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr mehr als verdoppelt.
Interesse aus aller Welt
Das Interesse an den gebotenen Programmen zum Gedenktag im Burgenland sei jedenfalls groß, sagt Schreiber. Im Vorjahr mussten die Veranstaltungen coronabedingt ins Internet verlegt werden. Dafür waren 23 Videoclips zur Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinden entstanden. Auch in der virtuellen Welt war der Zustrom groß: 25.000 Zugriffe aus aller Welt – nur auf der Facebook-Seite des BFG – hätten das Interesse verdeutlicht.
Morgen wird es wieder Präsenzveranstaltungen geben. In Eisenstadt, Kittsee, Gattendorf, Frauenkirchen, Mattersburg, Deutschkreutz, Lockenhaus, Rechnitz, Stadt Schlaining und Güssing wird (kostenlos) zu verschiedenen Lesungen, Rundgängen und zur musikalischen Darbietung geladen.
Neue Erkenntnisse in Lockenhaus
Auch heute gibt es immer wieder neue Erkenntnisse, was die einstigen Bewohner der jüdischen Gemeinde betrifft. So hat ein Team um Ruth Patzelt aus Lockenhaus in akribischer Recherchearbeit herausgefunden, dass die jüdische Gemischtwarenhändlerin Hermine Hacker aus Lockenhaus im Oktober 1941 von Wien ins Ghetto nach Litzmannstadt (Lodz) in Polen deportiert worden war. Über das Schicksal von Hermine Hacker sowie weitere neue Erkenntnisse ist ab Sonntag mehr auf der Homepage
www.shalom-lockenhaus.at zu lesen.
Zudem führen Ruth Patzelt und Denise Steiger ab 11 Uhr durch die jüdische Geschichte von Lockenhaus. Treffpunkt ist vor dem Mahnmal auf dem Hauptplatz.
Veranstaltungs-Orte
In Eisenstadt steht unter dem Motto „Kriminelle Energie“ im Österreichischen Jüdischen Museum eine Lesung und ein Gespräch mit dem Universitätsprofessor und Krimiautor Gerhard Langer am Programm. Beginn der Veranstaltung ist um 11 Uhr.
Im Schloss Kittsee wird das Buch „Über den dunklen Fluss“, das heuer im lex liszt 12 Verlag erscheint, vorgestellt. Agnieszka Jankowska hat den Roman „Across the dark river“ von Peter de Mendelssohn ins Deutsche übersetzt. Der Roman setzt sich mit der Vertreibung der Jüdinnen und Juden von Pama und Kittsee auseinander. Beginn der Veranstaltung ist um 17 Uhr.
In Gattendorf spricht Klaus Derks über die Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde. Bei Schönwetter findet die Veranstaltung ab 17 Uhr vor dem Feuerwehrhaus statt, bei Schlechtwetter im Feuerwehrhaus.
In Frauenkirchen führt ab 19 Uhr Herbert Brettl durch die ehemalige jüdische Gemeinde von Frauenkirchen. Treffpunkt für den geführten Rundgang ist vor der Basilika.
In Mattersburg wird der Initiator des Mahnmals zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde von Mattersburg, Michael Feyer, Besucher ab 14 Uhr durch Mattersburg begleiten. Treffpunkt für diesen Rundgang ist vor dem Mahnmal am Brunnenplatz.
In Kobersdorf lädt Erwin Hausensteiner, Autor des Buches zur jüdischen Geschichte Kobersdorf, nach einer Lesung vor dem Mahnmal in der Schlossgasse um 16 Uhr zu einem Rundgang durch die ehemalige jüdische Gemeinde Kobersdorf. Beginn des geführten Rundgangs ist 17 Uhr.
In Deutschkreutz steht eine Lesung im Carl Goldmark Museum in Deutschkreutz mit Adalbert Putz am Programm. Er wird ab 14 Uhr unter dem Motto „von Abeles bis Zweig“ verschiedene Texte zur ehemaligen jüdischen Gemeinde von Deutschkreutz lesen.
In Rechnitz gibt es ab 14 Uhr Engelbert Kenyeri, Eva Schwarzmayer und Christine Teuschler eine Rundgang entlang des Erinnerungsweges. Treffpunkt ist am Hauptplatz.
In StadtSchlaining spielt ab 16 Uhr die Klezmer-Band „Quattro Grammo“ in der Evangelischen Kirche A.B. Musik zur Einstimmung auf den darauffolgenden Rundgang durch die ehemalige jüdische Gemeinde. Den Rundgang führt Lisa Fandl, langjährige Mitarbeiterin des ASPR Stadtschlaining.
In Güssing lädt Karl-Heinz Gober ab 14 Uhr durch die Geschichte der südlichsten jüdischen Gemeinde des Burgenlandes. Treffpunkt ist vor dem Rathaus von Güssing.
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