Gewaltschutz: „So viele Klientinnen wie nie“
Die Gewalttaten reißen auch im neuen Jahr nicht ab. Erst am vergangenen Wochenende wurde eine 42-jährige fünffache Muter in Oberösterreich mit einem Kopfschuss getötet. Mutmaßlicher Täter ist ihr Ehemann – der 46-Jährige ist geständig.
Im Burgenland hat es laut Polizei einen versuchten Mord gegeben: Ein 23-Jähriger soll im Streit mit der Mutter den Stiefvater schwer verletzt haben.
Die zunehmenden Fälle von Gewalt seien laut Experten alarmierend. Karin Gölly, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Burgenland, spricht von einem „neuen Höchststand“ sowohl was die Zahl – der meist weiblichen – Klienten, als auch die Zahl der ausgesprochenen polizeilichen Wegweisungen und Betretungsverbote von 2021 betrifft. „Aber auch die Zahl der Hochrisikofälle ist extrem hoch“, sagt Gölly.
663 Klientinnen und Klienten wurden im Vorjahr von den Mitarbeiterinnen des Gewaltschutzzentrums betreut. Zum Vergleich: ein Jahr davor nahmen 612 Personen die kostenlose Hilfe in Anspruch. Zudem wurden im vergangenen Jahr 356 Betretungsverbote bzw Wegweisungen verzeichnet – „so viele wie noch nie“, sagt Gölly.
Schwere Übergriffe
Gestiegen ist auch die Zahl schwerer Übergriffe: 40 Hochrisikofälle wurden im Burgenland im Vorjahr betreut, 2020 waren es 27. In den meisten Fällen gehe es um Gewalt in der Partnerschaft. Die Gefährder seien zumeist männlich, die Opfer weiblich.
Aber auch Fälle von Generationengewalt – wie etwa der jüngste Fall im Burgenland belegt – kämen immer wieder vor. Oft würden die Übergriffe mit verbalen Attacken beginnen und in physischer Misshandlung enden.
Die Opferschutzeinrichtung wurde 1999 gegründet und bieten Personen, die körperliche oder psychische Gewalt erleben, Opfer von Stalkern sind oder die einer Zwangsheirat ausgesetzt sind, kostenlos und vertraulich Rat und Hilfe an.
Ein Termin kann unter der Telefonnummer 03352/ 31 420 vereinbart werden. Wenn es für Betroffene nicht möglich ist, nach Oberwart zu kommen, kann mit den Beraterinnen ein Termin in der Nähe des Wohnortes vereinbart werden.
www.gewaltschutz.at
Doch was hat zu dieser Entwicklung beigetragen? Auch wenn das öffentliche Leben pandemiebedingt in den vergangenen Monaten teilweise stiller geworden ist – die Gesundheitskrise habe auch in den eigenen vier Wänden der Burgenländer immer wieder das Fass zum Überlaufen gebracht. „Die psychische Gesundheit der Menschen ist schlechter geworden. Die Situation ist angespannt. Und dann kommen oft noch wirtschaftliche Sorgen dazu“, sagt die Leiterin des Gewaltschutzzentrums.
Noch dazu sei es für Betroffene schwieriger geworden, aus der Gewaltspirale auszusteigen. Befinde sich eine Klientin beispielsweise in wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihrem Partner, scheint eine Trennung in Zeiten der Corona-Krise oft noch schwieriger.
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Weil das Budget der Gewaltschutzzentren vom Bund im Vorjahr wie berichtet erhöht wurde, will Gölly nicht nur die Zahl der Mitarbeiter aufstocken. „Wir werden in Zukunft mehr in die Prävention investieren.“
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