Frauenberatung: „Es ist mir zu viel – das muss man sich erst einmal sagen trauen“
Im Büro der Frauenberatungsstelle in Oberpullendorf laufen am Vormittag die Telefone heiß. „Wir haben hier das Gefühl, eine Krise jagt die andere“, sagt Geschäftsführerin Doris Horvath. Die Angebote der Einrichtung sind 30 Jahre nach der Gründung leider gefragter denn je.
Als Horvath und ihre Mitstreiterinnen im Oktober 1992 die Frauenberatungsstelle eröffneten, genehmigte die damalige Frauenministerin Johanna Dohnal ein Budget von 400.000 Schilling (etwa 29.000 Euro, Anm.). „Wir haben damals gedacht, was sollen wir mit dem vielen Geld“, erinnert sich die heute 59-Jährige und lacht. Die Initiatorinnen wurden rasch eines Besseren belehrt.
Sieben Einrichtungen
Das Burgenland besitzt als einiges Bundesland in Österreich in jedem Bezirk eine Frauenberatungsstelle, erklärt Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf (SPÖ). "Für Frauen, die Hilfe benötigen, ist es enorm wichtig, dass diese vor der Haustüre liegt, und dass die Hilfe unbürokratisch, vertraulich und einfach erhältlich ist", erklärt Eisenkopf.
27.499Beratungen
wurden 2021 in den Frauenberatungsstellen des Landes durchgeführt.In Neusiedl am See waren es 4.512, im Bezirk Eisenstadt-Umgebung 3.964, in Mattersburg 3.178, in Oberwart 5.485, in Güssing 1.729 und in Jennersdorf 1.571.Dass die meisten Beratungen im Vorjahr (genau 7.060) in Oberpullendorf gezählt wurden, liegt daran, dass die Einrichtung auch (und zwar seit dem Jahr 2010) als Frauenberufszentrum fungiert.
21.000 Beratungsgespräche geführt
Schnell wurde klar, dass juristische Beratung und eine Sozialarbeiterin gebraucht werden. 21.000 Frauen und Mädchen haben seit 1992 in der Institution Rat und Hilfe gesucht. Rechtliche Fragen zu klären ist weiterhin eines der vorrangigen Anliegen – ob es sich um Obsorge, Scheidung oder ums Erben handelt.
51 Beratungen gab es im Gründungsjahr. Seither ist nicht nur die Zahl der Klientinnen gestiegen, sondern auch das Budget: Dieses Jahr hat die Einrichtung etwa 673.000 Euro zur Verfügung. Zu den Fördergebern zählen AMS, Bund, EU und Land.
Mit zwei Angestellten wurde begonnen, heute ist ein 13-köpfiges Team aus Sozialarbeiterinnen, (Sozial-)Pädagoginnen, Bildungsberaterinnen, Projektmanagerinnen und Juristinnen im Einsatz. Mehr als 7.000 Beratungs- und Informationsgespräche haben sie im Vorjahr mit 1.183 Klientinnen geführt.
Psychische Krisen
Während arbeitsrechtliche Probleme heute weniger werden, nehme die Überforderung durch psychische Krisen zu, sagt Horvath. „Das Leben ist sehr anstrengend geworden und fordert die Menschen sehr. Es ist mir zu viel – das muss man sich erst einmal sagen trauen.“
Neben den Krisen wie der Pandemie, dem Ukraine-Krieg und der steigenden Inflation mache den Menschen die Reizüberflutung zu schaffen. Viele, vor allem Familien oder Pensionisten, sind durch die steigenden Preise in ihrer Existenz bedroht. Das Finanzcoaching der Beratungsstelle versucht, Lösungen für die Klientinnen zu finden.
Apropos Sparen: „Auch wir haben seit Oktober an Freitagen geschlossen, um Energie zu sparen.“ Telefon- oder Onlineberatungen gibt es an dem Tag aber weiterhin.
Kontakt:
www.frauenberatung-oberpullendorf.at
Spitalstraße 11; Telefon: 02612 42905
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