Fertörákos: Appelle der Gegner
Die Regenfälle im Juni haben dem Neusiedler See gutgetan. Der Pegelstand liegt derzeit bei 115,31 Meter über Adria und damit wieder über dem langjährigen minimalen Durchschnitt. Anfang des Monats wurde der historische Tiefstand aus 1965 unterschritten. Von den Niederschlägen haben auch die Lacken profitiert, ein wichtiger Rückzugsort für Vögel.
Jetzt fokussiert sich der Blick wieder auf andere Spannungsfelder rund um den Neusiedler See. Zum Beispiel auf das von Ungarn geplante Tourismusprojekt bei Fertörákos. Dort sollen in den kommenden Jahren rund 75 Millionen Euro in Freizeitparks, Hotels, Sport- und Anlegeplätze für hunderte Schiffe und Boote investiert werden.
Unesco wird aufmerksam
Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Medienartikel wurde das Thema unter dem Titel „Touristische Entwicklung am Neusiedler See bedroht die Landschaft des Welterbes“ in den „World Heritage Watch Report 2020“ aufgenommen. In dieser Publikation wird über jene Welterbestätten berichtet, deren Fortbestand von der touristischen Entwicklung bedroht ist.
In Fertörákos selbst war in den vergangenen Wochen und Monaten Corona-bedingt nicht viel los. Am Samstag luden allerdings ungarische Naturschützer wieder zu einer Bootsfahrt, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Laut Christian Schuhböck von der Naturschutzorganisation „Alliance for Nature“ wurde Ungarn seitens der Unesco bereits dazu aufgefordert, eine Stellungnahme zum Projekt abzugeben. „Sowohl Ungarn als auch Österreich scheuen sich davor, Tourismusprojekte gegenüber der Unesco bekanntzugeben und neue Bauprojekte zu melden, obwohl es laut Paragraf 172 der Welterbe-Richtlinien vorgeschrieben ist“, sagt Schuhböck und fordert die burgenländische Landesregierung dazu auf, den angekündigten Managementplan für die Region vorzulegen. „Genau das haben wir auch in unserem Bericht im World Heritage Report thematisiert“, sagt Schuhböck.
Appell der Naturschützer
Die Appelle der Umweltschützer: Der angesprochene Masterplan mit dem Ziel, das Welterbe zu schützen und zu erhalten. An Ungarn und Österreich wird appelliert, laufende Infrastrukturprojekte am Neusiedler See einzustellen und geplante Vorhaben an das Welterbe-Komitee zu melden sowie grenzüberschreitende Maßnahmen zur Erhaltung des Welterbes zu setzen. Darüber hinaus ergeht der Appell an die Unesco, sie solle Österreich und Ungarn eine Deadline für eine grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung zum Projekt in Fertörakos setzen – inklusive der Androhung, das Welterbe Neusiedler See andernfalls auf die Rote Liste zu setzen. „Mechthild Rössler, die Direktorin des Unesco-Welterbe-Zentrums, hat uns bereits zugesichert, diese Forderungen an die zuständige Europa-Abteilung weiterzuleiten“, so Schuhböck.
Der vom Land geplanten Dotierung des Neusiedler Sees, also der Zuführung von Flusswasser aus der Donau, erteilt Schuhböck eine klare Absage. Die spezielle Flora und Fauna könnte verändert werden, mit fatalen Auswirkungen auf das hochsensible Ökosystem. Das Austrocknen des Neusiedler Sees sei „keine Katastrophe an sich, sondern ein natürlich, dynamischer Prozess, der immer wieder vorkommt“, sagt Schuhböck.
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