Fachhochschule: Die kleinste Großstadt ist raus
„Natürlich hat das politische Gründe.“ Georg Pehm, Geschäftsführer der Fachhochschule Burgenland mit den Standorten in Eisenstadt und Pinkafeld nimmt sich im KURIER-Gespräch angesichts des Ausstieges der Stadt Eisenstadt aus dem Fördervertrag kein Blatt vor den Mund. „Ich finde das sehr schade. Vor allem auch deshalb, weil Thomas Steiner mit mir Gründungsgeschäftsführer der Fachhochschule Burgenland GmbH war und wir immer ein gutes Einvernehmen hatten.“
Der Status quo
Bislang zahlte die Landeshauptstadt im Rahmen eines Fördervertrages 95 Prozent der vom Standort lukrierten Kommunalsteuer als Förderung an die FH Burgenland zurück – in Summe rund 167.000 Euro jährlich. Dieselbe Regelung gilt für den zweiten Standort in Pinkafeld.
4.600 Studierende gibt es insgesamt an der Fachhochschule Burgenland und ihren beiden Standorten Eisenstadt
und Pinkafeld
95 Prozent der durch die FH eingenommenen Kommunalsteuer werden von den beiden Standortgemeinden wieder als Förderung
ausbezahlt
40 Millionen Euro Wertschöpfung generiert die Fachhochschule in Eisenstadt
Auch wenn dieser Betrag im Fall von Eisenstadt nicht einmal ein Prozent des Gesamtbudgets der FH Burgenland in der Höhe von rund 20 Millionen Euro ausmacht, ist der Betrag laut Pehm trotzdem „wesentlich“. Auch in der Kollegenschaft komme es „ganz schlecht“ an, dass sich Eisenstadt als einzige Stadt Österreichs von seinem Hochschulstandort distanziert, sagt Pehm.
Aufgrund der Kündigung müsse die FH ihre Budgets und Ausbaupläne überarbeiten. Ab 2021 seien Investitionen von mindestens zehn Millionen Euro geplant. „Man muss nun prüfen, wie viel davon in Eisenstadt ohne Unterstützung der Stadt noch realisiert werden kann“, sagte Pehm, der sich durchaus auch eine Stärkung von anderen Standorten durch die Verlagerung von Teilbereichen vorstellen kann, nämlich dort, „wo die FH Burgenland mit offenen Armen aufgenommen wird“, also in Pinkafeld.
Eisenstadt will "Burgenländer fördern"
Steiner begründet den Ausstieg damit, dass rund zwei Drittel der Studenten nicht aus dem Burgenland seien. Er wolle anstelle des Vertrages eine Förderung für Burgenländer. „70 Prozent der Studenten sind berufstätig, studieren aber gratis. 7.000 junge Burgenländer, die an anderen Universitäten oder FHs studieren, haben nichts von den Gratis-Studienplätzen – das empfinden wir als ungerecht“, sagt Steiner, der die 167.000 Euro jetzt „zweckgebunden“ verwenden will.
SPÖ reagiert mit Unverständnis
Die SPÖ Burgenland reagierte am Dienstag mit Unverständnis. Bürgermeister Thomas Steiner (ÖVP) gefährde damit den Standort, betonte Landesgeschäftsführer Roland Fürst in einer Aussendung. Es handle sich um eine „Geringschätzung gegenüber den 4.600 Studierenden und rund 800 haupt- und nebenberuflich Beschäftigten“. Dass neben der Coronakrise auch die Nichteinhebung von Studiengebühren als Kündigungsgrund angegeben wurde, zeige, dass Steiner „seine parteipolitischen Agenden auf den Rücken der Studierenden“ austrage, so Fürst.
Die burgenländischen Grünen zeigten sich „schwer enttäuscht“. In Zeiten der Krise bei der Bildung und der Forschung zu sparen, sei „das falsche Signal und der falsche Weg“, betonte Landessprecherin Regina Petrik. Die FPÖ Eisenstadt begrüßt die Kündigung des Fördervertrags hingegen. Man habe schon 2015 vor allem aus budgetären Gründen dagegen gestimmt, sagte Klubobmann Konstantin Langhans. Lejla Visnjic, Landesvorsitzende der Sozialistischen Jugend Burgenland, ortet einen „Angriff auf die burgenländischen Studierenden“ und „ÖVP-Klientelpolitik“.
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