Erfolgsgeschichte Bildein: Wenn aus Kleinem Großes wird
Kaum hat sich das beim „picture on Festival“ gefundene und frisch verliebte Pärchen mit einer Flasche Wein auf die Bank gesetzt, wird es auch schon gestört. Denn es ist gegen 13 Uhr. Und das ist immer die Zeit, in der sich die frühere Besitzerin des Kaufhauses, vor dem die Bank steht, auf genau jene setzt, um die vorbeiziehenden Menschen zu beobachten, die am Weg vom Campingplatz zum Festivalgelände sind.
Denn einmal im Jahr wird die beschauliche Gemeinde im Bezirk Güssing an der Grenze zu Ungarn mit nur etwas mehr als 300 Einwohnern zum Treffpunkt von knapp 3.000 Pinkarockerinnen und Pinkarockern – heuer (9. und 10. August) bereits zum 23. Mal.
Aber wie entsteht so etwas im südöstlichsten Winkel Österreichs, wo sich nicht einmal Fuchs und Hase gute Nacht sagen? Durch ein paar „Verrückte“, die im Jahr 2000 zum ersten Konzert luden, viel Engagement, jeder Menge Leidenschaft und einer einzigartigen Dorfgemeinschaft. Denn ohne die könnte das „picture on Festival“ so nicht stattfinden. Da steht dann schon mal der frühere Bürgermeister Walter Temmel an der Kasse und gibt Tickets aus, wenn er nicht gerade beim Dorfspaziergang mit Esel und Trommel unterwegs ist, um den Festivalbesuchern die Geschichte Bildeins zur erklären.
Und die kennt er wie kein anderer, war er doch der erste Ortschef der erst seit 1993 eigenständigen Gemeinde. Warum Bildein so besonders ist? „Weil hier besondere Menschen an einem besonderen Ort leben“, sagt der langjährige Bürgermeister. Entstanden ist in dieser Zeit so einiges – das Weinkulturhaus mit Weinarchiv als beliebter Treffpunkt, das burgenländische „geschichte(n)haus“, der Grenzerfahrungsweg – und all das unter dem mit dem Fall des Eisernen Vorhangs selbst gegebenen Namen „Dorf ohne Grenzen“.
Helfende Hände
Außerdem gibt es wohl kein Festival in Österreich, bei dem dich die Securitys am Campingplatz schon von Weitem grüßen, weil sie dich seit über 15 Jahren auf den richtigen Parkplatz einweisen. „Alles hat mit 150 Besuchern begonnen und ist organisch gewachsen. Das Festival hat sich immer weiterentwickelt – und wir Bildeiner auch“, sagt Clemens Schrammel, Obmann des Vereins KuKuK mit rund 250 Mitgliedern. Freilich gebe es immer wieder „kleinere Wünsche“ der Bevölkerung, auf die man gern Rücksicht nimmt, aber: „Es ist immer wieder faszinierend, was in dieser kleinen Ortschaft alles möglich ist.“ Denn ohne die helfenden Hände von etwa 400 Ehrenamtlichen während des Festivals und der harten Arbeit des 40-köpfigen Kernteams wäre die Durchführung einer solchen Veranstaltung nicht möglich.
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Die nächste Generation
Das gilt auch für viele weitere Events, wie das Mondscheinkino, den Buschenschank im Apfelgarten, die Irish Night oder das am 1. Juni stattfindende „picture on Kids“ für Kinder von drei bis 13 Jahren. Die Erkenntnisse von der Premiere im Vorjahr sind – in bewährter Bildein-Manier – in die Organisation der Neuauflage eingeflossen. Das Ziel des Festivals für die kleinen Pinkarocker? „Spaß haben“, sagt Schrammel und hat einen Hintergedanken: „Wir wollen der nächsten Generation die Liebe zum ,Festival machen‘ weiter geben.“
Auf ewig in Bildein verliebt ist wohl auch das Pärchen nach dem Gespräch auf der Bank, wo dann doch drei Menschen Platz fanden. Und sich gemeinsam darüber freuten, Teil der Bildeiner Gemeinschaft zu sein – und dazu zählen viel mehr als die 300 Einwohnerinnen und Einwohner.
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