Falscher Arzt arbeitete im Spital
Wozu Medizin studieren, wenn es anders auch geht. Das dachte sich wohl ein gut aussehender 28-jähriger Niederösterreicher, als er im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt um einen Job als Turnusarzt anheuerte. Er legte ein Promotionszeugnis der Paracelsus Universität Salzburg vor und schon hatte er den Job. Zumindest vom 1. bis 11. Juli hat der falsche Arzt im weißen Kittel in der Unfallchirurgie gearbeitet.
Der Niederösterreicher hat sich anscheinend sehr gut auf seine Karriere vorbereitet. Bevor er sich in Eisenstadt meldete, besuchte er ein Jahr lang eine Lehrpraxis in Niederösterreich. Dort werden die Grundzüge medizinischen Handelns vermittelt. „Sein Auftreten war dementsprechend gut“, sagt der Direktor des Eisenstädter Krankenhauses, Horst Jany. Die Kollegen hätten „nie daran“ gedacht, dass „der voller Selbstvertrauen auftretende Mann“ kein promovierter Mediziner sei.
Interne Mitteilung
Doch sein Auftreten nützte dem falschen Arzt nichts. Es stellte sich bald heraus, dass das Dokument gefälscht war. „Wir haben eine interne Mitteilung von der Wiener Ärztekammer mit dem Verdacht erhalten, dass ein nicht promovierter Arzt in Eisenstadt bei den Barmherzigen Brüdern tätig ist“, sagt Michael Schriefl, Vizepräsident der burgenländischen Ärztekammer, im KURIER-Gespräch.
Die Kammer schickte die Meldung an die Barmherzigen Brüder weiter. Hier ging man der Sache nach. Der falsche Arzt musste den weißen Kittel an den Nagel hängen.
Der Spitalsleitung war die Fälschung vorerst nicht aufgefallen. „Da schaut man nicht so genau, denn man ist froh, Turnusärzte zu bekommen“, sagt ein Arzt, der die Verhältnisse im Krankenhaus in Eisenstadt kennt.
Nun liegt eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen Urkundenfälschung vor, bestätigt Sprecherin Theresia Schneider-Ponholzer. Zwei Monate wird es dauern, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind.
Konsequenzen
Der Leiter des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder will seine Lehren aus diesem Vorfall ziehen. „So etwas passiert uns nicht mehr.“ Jeder angehende Turnusarzt soll in Zukunft von der Ärztekammer gecheckt werden, ob er auch sein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen hat. Warum das bis jetzt nicht der Fall war? „Wer rechnet damit, dass sich jemand als Arzt ausgibt, obwohl nichts dran ist.“
Dass es im Burgenland ein Problem bei den Turnusärzten gibt, hat sich mittlerweile sogar bis nach Wien durchgesprochen. „Derzeit gibt es keinen einzigen Mediziner, der sich für eine Turnusarzt-Stelle im Burgenland beworben hat“, sagt Stephan Ubl, Obmann der Sektion Turnusärzte in der Wiener Ärztekammer. Auch in NÖ sei die Situation prekär: Von zwölf Stellen sind nur sechs besetzt.
Systemfehler
Das Urteil gegen jenen Turnusarzt, der einer 23-Jährigen im Göttlichen Heiland in Wien eine Überdosis Schmerzmittel verordnet hatte, macht die Situation nicht besser. „Wir machen seit Jahren darauf aufmerksam, dass es bei der Ausbildung hapert“, erklärt Ubl. „Es gibt keine einheitlichen Ausbildungsstandards in den Krankenhäusern. Ein Stufenprogramm, das festlegt, was Turnusärzte wann beherrschen müssen, wäre sinnvoll.“
Aktuell seien Turnusärzte die „Mädchen für alles“. „Am Vormittag erledigen sie administrative Aufgaben und hängen Infusionen an. Am Abend werden sie mit einer ganzen Station allein gelassen“, bemängelt Ubl. Die Praxis-Ausbildung falle oft unter den Tisch. „Das ist ein Systemfehler.“
Bestrebungen, wonach Turnusärzte abends andere Abteilungen zusätzlich schupfen sollen, würden Fehler begünstigen. „Der Vorfall im Göttlichen Heiland ist bedauernswert. Aber wenn junge Ärzte noch mehr Patienten und Abteilungen betreuen müssen, erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit für derartige Vorfälle. Bei den ganzen Berechnungen vergessen viele, dass es um Menschenleben geht.“
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