Einsamer See: Tote Hose am „Meer der Wiener“
Von "Doskozil sperrt Neusiedler See für Nicht-Burgenländer" bis hin zu "Seesperre für Wiener" war dieser Tage in den Schlagzeilen zu lesen. Dabei hatte das Burgenland ja genau das Gegenteil gemacht, nämlich die bis inklusive Ostern geltende Totalsperre aller Strandbäder aufgehoben.
Allerdings nur für Menschen, deren Wohnsitz im Umkreis von 15 Kilometern liegt. Und sehr zum Missfallen jener, die weiter weg wohnen.
So groß die Wellen rund um die neue Verordnung für burgenländische Gewässer und damit auch den Neusiedler See waren, so klein sind die realen Auswirkungen bei einem Lokalaugenschein im Seebad Weiden am See. Gezählte 6 Personen sind Samstagmittag bei recht prachtvollem Wetter vor Ort: Ein jüngeres Pärchen mit und ein älteres ohne Kind, dazwischen dreht ein Gemeindearbeiter mit Rasenmähertraktor seine Runden. Üblicherweise ist die Wiese des Seebades bei solchen Temperaturen um diese Jahreszeit ebenso gut gefüllt wie die Terrasse des Lokals „Das Fritz“ direkt am Seeufer.
Abschreckung wirkt
„Die mediale Abschreckung hat gewirkt“, sagt einer der wenigen Spaziergänger – seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen, denn „sonst reden die Leut´“ – und trifft damit die Sache vermutlich genau auf den Punkt. Verfassungsjuristen haben die Verordnung als unzulässig bewertet.
Hinter vorgehaltener Hand hört man auch aus dem absolut sozialdemokratisch regierten Land, dass es bei der Verordnung großteils um die abschreckende Wirkung zur Eindämmung der Pandemie geht. Offensichtlich mit Erfolg, wie die nicht vorhandenen Besucher am Ufer belegen.
Kontrolliert werden soll jedenfalls von der Polizei, doch die ist zu Mittag in Weiden am See nicht zu sehen. Kein Wunder, denn die neue Verordnung hat keine speziellen Kontrollen zu Folge. Und angesichts der geringen Anzahl von Personen würde sich die Frage stellen, wer kontrolliert werden soll.
„Im Zuge der geltenden Ausgangsbeschränkungen sind wir ohnehin verstärkt unterwegs“, sagt Polizeisprecher Helmut Marban. Er vertraue bei den dann trotzdem notwendigen Amtshandlungen auf „die Bodenständigkeit der burgenländischen Exekutive“.
Und die kann sich offensichtlich sowohl auf die Disziplin der Burgenländer als auch auf jene der üblichen, aber nicht anwesenden Gäste am „Meer der Wiener“ verlassen.
Rechtliche Unsicherheit
Als größten Faktor, warum am See derzeit so gar nichts los ist und auch keine einheimischen Wassersportler zu sehen sind, nennt Weidens Bürgermeister Wilhelm Schwartz (ÖVP) „die rechtliche Unsicherheit. Niemand weiß genau, was er darf und was nicht. Einmal heißt es, surfen ist möglich. Dann ist wieder alles anders.“
Auffallend sei in den vergangenen Wochen jedenfalls gewesen, wie viele Menschen plötzlich ihren Zweitwohnsitz in Weiden am See haben. Rund 200 neue Anmeldungen gab es diesbezüglich seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen.
Und die natürlich allesamt von Menschen, die schon vorher einen zweiten Wohnsitz in Weiden am See hatten, das der Gemeinde aber noch nicht mitgeteilt haben.
Offene Arme für alle Gäste
Ein Sommer ohne Gäste wäre jedenfalls eine Katastrophe, sagt Schwartz und sieht deshalb die neue Verordnung kritisch: „Das werden sich viele merken und nicht mehr kommen.“
Ähnliche Befürchtungen hat auch Podersdorfs Bürgermeisterin Michaela Wohlfart (ÖVP), betont aber auch die Notwendigkeit der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. „Wir freuen uns über jeden Gast“, sagt sie. Niemand solle sich jetzt ausgegrenzt fühlen, „aber sich derzeit ins Auto zu setzen und an den See zu fahren, um zu entspannen, ist aufgrund der Situation nicht notwendig“.
Und wie man an den nicht vorhandenen Menschen im Seebad Weiden unschwer erkennt, sehen das auch die Einheimischen so. Politische Wellen hin oder her.
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